# taz.de -- Russischer Angriff auf Schwarzmeerhafen: Odessa unter Beschuss
> Die südukrainische Hafenstadt ist am Montag erneut Ziel von russischen
> Raketen und Drohnen geworden. Ein Getreidelager wurde beschädigt.
IMG Bild: Löscharbeiten nach dem Angriff auf den Hafen von Odessa in der Nacht zum 25. September
Odessa taz | In Odessa waren die ersten Explosionen um Mitternacht zu
hören. Die südukrainische Hafenstadt wurde damit in einen weiteren Alptraum
versetzt. Mehr als eine Stunde lang dauerte der Beschuss, der aus
verschiedenen Stadtteilen zu hören war – sichtbar waren auch die hellen
Blitze.
Laut ukrainischen Militärportalen haben russische Streitkräfte in der Nacht
zu Montag mit Drohnen „Shahed-136/131“, Onyx-Überschallraketen und
„Kaliber“ -Raketen angegriffen. Das ukrainische Militär konnte nicht alle
Flugkörper abwehren. Zerstört wurde teilweise Hafeninfrastruktur,
Getreidespeicher und Lagerräume einer privaten Firma. Etwa zehn
Privathäuser am Stadtrand wurden teilweise oder vollständig zerstört. Durch
die Scherben wurden mehrere Menschen verletzt – zwei Wächter des
Lagerhauses wurden am Montagmittag tot aufgefunden.
Jeder, der früher Odessa als Ausflug- oder Urlaubsziel gewählt hat, kam am
Hotel Odessa am riesigen Seehafen vorbei. In der Nacht zu Montag traf auch
eine Rakete das mehrstöckige Hotelgebäude, das seit 2011 leer steht.
Der lokale Geschäftsmann Andrei Stavnitser hat das Gebäude vor ein paar
Jahren gekauft und plante, dort eine moderne Promenade mit Konzertsaal,
Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe, Radwegen, Restaurants und einer
Straßenbahnstation zu bauen. „Millionen Dollar habe ich investiert, private
Investoren gewinnen können und trotz des Krieges einen Deal mit den
Behörden geschlossen“, beklagte sich Stavnitser am Montag. Das 82 Meter
hohe Hotel brannte beim Nachtangriff komplett aus. Der Seehafen wurde
teilweise zerstört.
## Ukrainische Hafeninfrastruktur schon zu ein Drittel zerstört
Mehrere Schiffe an den Anlegestellen sowie ein 113 Meter langes
Handelsschiff, das den Hafen verlassen wollte, wurden beschädigt. Zerstört
wurde ebenfalls ein Getreidelager am Hafen mit einer Lagerkapazität von bis
zu 40.000 Tonnen. Nach Angaben des ukrainischen Infrastrukturministers,
Alexander Kubrakov, hat das russische Militär mehr als hundertmal
ukrainische Häfen geschossen, seitdem Moskau [1][Mitte Juli den
Schwarzmeer-Getreide-Deal nicht verlängerte.]
Nach Angaben des Ministeriums wurden fast drei Millionen Tonnen pro Monat
weniger Getreide nach Asien, Afrika und Europa exportiert infolge der
Angriffe und der Blockade von Seehäfen durch die russischen Streitkräfte.
Etwa ein Drittel der ukrainischen Hafeninfrastruktur wurde durch russische
Angriffe zerstört oder beschädigt. Dennoch funktioniert der zwischen der
Ukraine, der UNO und der Türkei vereinbarte Getreide-Korridor auch ohne
russische Beteiligung an dem Deal.
Die Druckwelle des Angriffs in der Nacht zu Montag hat auch Gebäude am
Primorsky-Boulevard beschädigt, insbesondere die Fassade des berühmten
„Londoner Hotels“ und der angrenzenden Häuser und auch das historische
Gebäude des Kinder- und Jugendpalastes. Sie stehen unter dem Schutz der
Unesco.
[2][Bereits im Juli, als Odessa ebenfalls unter starken Beschuss geriet],
wurden Kulturstätten angegriffen – unter anderem die Verklärungskathedrale.
Unesco-Vertreter haben Moskau mehrfach aufgefordert, sich an die
internationalen Richtlinien für geschützte Kulturstätten zu halten. Eine
vorläufige Bewertungsliste von Schäden an Museen in Odessa, die zum
Weltkulturerbe gehören, liegt vor und wird stets aktualisiert.
Untersuchungen laufen, um Konsequenzen zu ziehen. Infolge des jüngsten
Nachtangriffs hat das Büro der Staatsanwaltschaft in Odessa ein
Strafverfahren wegen möglicher [3][Kriegsverbrechen] gegen Russland
eröffnet.
Aus dem Russischen Gemma Terés Arilla
Die Autorin war [4][Teilnehmerin eines Osteuropa-Workshops der taz Panter
Stiftung]
25 Sep 2023
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## AUTOREN
DIR Tatjana Milimko
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