# taz.de -- „Die verlorenen Blumen der Alice Hart“: Aus der Sprachlosigkeit finden
> In der Amazon-Serie umsorgt Sigourney Weaver Opfer häuslicher Gewalt auf
> einer australischen Farm. Sensibel erzählt mit facettenreichen Figuren.
IMG Bild: Sigourney Weaver in „The Lost Flowers of Alice Hart“
Ein blondes Mädchen tapst im Sonnenuntergang durch eine Wiese mit Gräsern.
Ihr Vater zeigt ihr, wie man mit Grashalm zwischen den Daumen pfeift. Doch
keine fünf Minuten hält die idyllische Fassade. In der nächsten Szene fährt
Alice Hart (Alycia Debnam-Carey) über den Arm ihrer Mutter, auf dem blauen
Flecken erkennbar sind. Alice verliert als neunjährige beide Eltern bei
einem Hausbrand und wächst bei ihrer Großmutter June (Sigourney Weaver)
auf. Die Miniserie „The Lost Flowers of Alice Hart“, deutsch „Die
verlorenen Blumen der Alice Hart“ ist eine feinfühlige Erzählung, die sich
an die Grenzen des Zeigbaren wagt.
Basierend auf dem Roman von Holly Ringland, umfasst sie sieben Folgen,
jeweils nach einer Blume benannt, die auf June’s Blumenfarm wächst. [1][Die
ist ein sicherer Hafen für Frauen,] die ihre Vergangenheit verarbeiten. Man
sieht, wie sie mit Verlust und Lügen umgehen und Kraft aus der Natur
schöpfen. Eine Freundin von Alices Eltern fragt June: „Denken Sie wirklich,
ein Zufluchtsort für traumatisierte Frauen ist der beste Ort für sie?“
Momente der Stille stehen neben Aufnahmen von [2][Australiens Bergen, Seen
und Feldern.] Die Serie zeigt, wie schwer Sprechen sein kann, wenn
Erlebnisse zu schmerzhaft sind. Die Charaktere sind facettenreich
gezeichnet, insbesondere Weaver als schützende Großmutter, die für ihre
Enkelin und die anderen Frauen sorgt.
Alice verliebt sich schließlich in einen Mann, der ihrem Vater ähnelt:
liebevoll, aber auch gewalttätig. Auf dem Bildschirm wird nun die
Entstehung ungesunder Beziehungen beleuchtet, in denen Liebe und Missbrauch
miteinander verschmelzen. Wie kann man diesen Mustern entkommen, wenn sie
die eigene Sozialisation geprägt haben? „Jeder Tag ist eine Chance, neu
anzufangen“, sagt Twig (Leah Purcell), die Partnerin von June. Ihre Worte
erinnern daran, dass Veränderung möglich ist. Die Serie vermittelt diese
Message ohne Happy End, sondern mit ambivalentem Abschluss.
6 Oct 2023
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## AUTOREN
DIR Klaudia Lagozinski
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