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       # taz.de -- Eine muslimisch-christliche Hochzeit: Das Familienglück
       
       > Wie es gelang, dass mein muslimischer Sohn Recep Engin die katholische
       > Christin Helga Schulz heiratete und alle glücklich wurden. Ein Märchen.
       
   IMG Bild: Das ist nicht Recep, aber sicher ein Vorbild: Piet Satter wird 2003 Weltmeister im Bart-Vergleich
       
       Mein ältester Sohn Recep will heiraten. Die Familie des Mädchens ist streng
       religiös. Aber keine Moslems, sondern Katholiken. Das Mädchen heißt Helga
       und stammt aus Ostfriesland. Wenn der Vater von Helga in ein fremdes Land
       fliegt, dann küsst er sofort den Boden. Nein, nein, jetzt denken Sie wieder
       was Falsches! Helga ist nicht die Tochter vom Papst – obwohl sie genauso
       viel in Urlaub fährt wie er.
       
       Ich habe im Prinzip nichts dagegen, dass mein Sohn eine Christin heiraten
       will. Religion, Rasse und Nationalität spielen bei einem gebildeten
       Menschen wie mir keine Rolle. Ich lege keinen Wert auf Äußerlichkeiten bei
       meinen Mitmenschen. Hauptsache, sie haben genug Geld.
       
       Herr Schulz hat auch nichts dagegen, dass seine Tochter meinen Sohn
       heiratet. Sein einziger Wunsch ist, dass mein Sohn Recep auf der Stelle
       Christ wird, seinen türkischen Namen gegen einen germanischen tauscht und
       sich seinen [1][Schnurrbart] gelb färbt!
       
       Wenn es weiter nichts ist! Nichts leichter als das: Mit seinem frisch
       lackierten Schnurrbart wird er zum Christen ernannt und er muss lateinische
       Sätze nachsprechen, die wir nicht verstehen. Weil Recep sich verzweifelt
       wehrt, sind gleich fünf Priester im Einsatz, um seinen Kopf in das
       Taufbecken zu stecken. Und während die Priester meinem Sohn die Haare ohne
       anständiges Shampoo waschen, fragt ihn meine kleine Tochter Hatice: „Mein
       Herr, wollen Sie Färben oder Dauerwelle? Oder sollen nur die Läuse ersäuft
       werden?“
       
       Natürlich erhält Recep einen neuen Namen: Rudi. Danach wird er mit Kruzifix
       am Hals, nassen Haaren, neuem Namen und toten Läusen kirchlich getraut.
       Kaum sind Recep und Rudi – ich meine, Rudi und Helga verheiratet, kommt der
       Brief von seinen Großeltern aus der Türkei. Mein Vater hat
       selbstverständlich nichts gegen eine Heirat seines Enkels mit einer
       deutschen Frau. Sie muss lediglich den islamischen Glauben annehmen, einen
       türkischen Namen bekommen und Kopftücher tragen.
       
       Ich schreibe meinem Vater natürlich nicht, dass die beiden längst
       verheiratet sind. Und erst recht nicht, dass mein Sohn Recep Christ
       geworden ist. Ein moderner Christ! Mit schwarzen Haaren, gelbem Schnurrbart
       und chronischer Erkältung.
       
       Deshalb fahren wir mit der gesamten Familie in die Türkei. Noch am Abend
       unserer Ankunft bekommt Helga von einem Hodscha den wahren Glauben
       verpasst. Meine Mutter bindet ihr ein [2][Kopftuch] um, mit großen, roten
       Rosen drauf. Die Schwiegertochter muss arabische Wörter nachsprechen, die
       wir nicht verstehen. Aus ihrem Namen Helga machen sie Hülya.
       
       Vor der [3][Hochzeit] war der eine Moslem, die andere Christin. Jetzt ist
       alles anders. Die Verhältnisse haben sich total geändert. Jetzt ist der
       eine Christ und die andere Moslem. Am Anfang hießen sie noch Recep und
       Helga. Jetzt heißen sie Rudi und Hülya!
       
       Es ist kaum zu glauben, aber glauben Sie mir: Selbst mit diesen Namen
       wurden sie glücklich! Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie
       noch heute.
       
       11 Oct 2023
       
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