# taz.de -- Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Laut Amt erwachsen
> Ein junger Geflüchteter erzählt über seine Flucht von Afghanistan nach
> Deutschland. Seine Geschichte ist beispielhaft für das Schicksal vieler.
IMG Bild: Nagiballah hofft darauf, seine Mutter und die Geschwister bald nach Deutschland holen zu können
Die taz trifft Nagiballah Hashimi (15) am Rande einer [1][Demonstration für
die Rechte unbegleiteter Geflüchteter]. Er ist einverstanden, uns von seine
Geschichte zu erzählen.
„Ich komme aus Ghazni, Afghanistan. Seit neun Monaten bin ich in
Deutschland. Solange mein Vater noch gelebt hat, war ich glücklich in
Afghanistan, aber die Taliban haben ihn getötet. Er hatte vor ihrer
Machtergreifung [2][mit der Regierung zusammengearbeitet]. Weil auch wir in
Angst waren, dass die Taliban uns etwas antun könnten, hat meine Mutter
beschlossen, mich wegzuschicken.
Zuerst bin ich in den Iran gegangen und dort vier Monate lang geblieben.
Danach ging es über die Grenze in die Türkei und mit dem Boot nach Italien.
Die Schleuser, die mich über das Meer bringen sollten, verlangten aber mehr
Geld, als wir vereinbart hatten, deshalb haben sie mich entführt. Tagelang
konnte ich kein Sonnenlicht sehen. Meine Familie musste den Schleusern Geld
schicken, bevor sie mich freigelassen haben.
Die Überfahrt nach Italien hat neun Tage gedauert, drei Tage davon ohne
Essen und Trinken. Ich dachte, ich sterbe.
In Deutschland musste ich [3][lange in einem Heim warten], bevor ich zum
Amt gebracht wurde. Das sollte beurteilen, ob ich schon volljährig bin. Ich
bin 15, habe aber keine Beweise für mein Alter, weil meine Geburtsurkunde
in Afghanistan geblieben ist. Die Behörde kam zum Schluss, ich sei schon
über 18.
Seit ich hier bin, bleibe ich die ganze Zeit zu Hause. Ich besuche keinen
Deutschkurs, weil mir das nicht erlaubt wurde, ich gehe nicht zum Fußball,
weil ich nicht darf. Freunde habe ich keine.
Wenn der deutsche Staat mich dabei unterstützt, will ich aber meine Familie
herholen: Meine Mutter und meine Geschwister haben Afghanistan ebenfalls
verlassen, sie leben jetzt in Pakistan. Aber auch dort sind sie nicht in
Sicherheit. Geld haben sie keines; alles was sie hatten, haben sie
verkauft, um mich hierher schicken zu können.“
25 Sep 2023
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## AUTOREN
DIR Clara Heuermann
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