URI: 
       # taz.de -- Flucht über das Mittelmeer im Jahr 2023: Schon 2.500 Menschen ertrunken
       
       > Das Gros der Flüchtlinge auf der Mittelmeerroute kommt laut UNHCR über
       > Tunesien. Die EU verlängert Sonderregelungen für Kriegsflüchtlinge aus
       > der Ukraine.
       
   IMG Bild: Flüchtlinge und ihr im Mittelmeer sinkendes Boot in der Nähe eines Frachtschiffes im April 2015
       
       New York/Brüssel/Berlin ap/dpa | Etwa 186.000 Migranten und Flüchtlinge
       sind in diesem Jahr bislang im Süden Europas angekommen. Das hat das
       UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR am Donnerstag mitgeteilt.
       
       Zwischen Januar und dem 24. September wurden mehr als 2.500 Menschen, die
       das Mittelmeer überqueren wollten, entweder tot gefunden oder wurden noch
       vermisst. Dies stelle einen signifikanten Anstieg gegenüber den 1.680
       Menschen dar, die im Vergleichszeitraum des Vorjahres starben oder als
       vermisst galten, sagte Ruven Menikdiwela, Direktorin des New Yorker Büros
       des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, dem
       UN-Sicherheitsrat.
       
       Das UNHCR schätzt, dass mehr als 102.000 Flüchtlinge und Migranten aus
       Tunesien – eine Zunahme von 260 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – und mehr
       als 45.000 aus Libyen versuchten, zwischen Januar und August über das
       Mittelmeer zu gelangen, wie Menikdiwela sagte. Etwa 31.000 Menschen wurden
       nach ihren Angaben auf dem Meer gerettet oder abgefangen und in Tunesien an
       Land gebracht, etwa 10.600 seien in Libyen an Land gebracht worden.
       
       Die Mehrzahl der Menschen, die es in den Süden Europas schafften, kam in
       Italien an – mehr als 130.000. Dies stellte nach Menikdiwelas Angaben eine
       Zunahme von 83 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum dar. Die übrigen
       Menschen erreichten Griechenland, Spanien, Zypern oder Malta.
       
       ## Sonderregeln für Ukraine-Flüchtlinge bis 2025 verlängert
       
       Am Donnerstagabend haben sich die EU-Innenminister in Brüssel darauf
       geeinigt, dass Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mindestens bis März 2025
       problemlos in der EU bleiben können. Die Verlängerung der Sonderregeln
       biete Gewissheit für die mehr als vier Millionen ukrainischen Flüchtlinge,
       die in der EU einen sicheren Hafen gefunden hätten, teilte der spanische
       Vorsitz des EU-Innenministerrats mit. Die EU-Innenminister hatten in
       Brüssel im Rahmen ihrer Krisenverordnung auch beschlossen, die [1][Rechte
       von Flüchtlingen aus anderen Ländern einzuschränken].
       
       Die EU-Staaten hatten kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen
       die Ukraine vor 19 Monaten die Richtlinie für den Fall eines „massenhaften
       Zustroms“ von Vertriebenen aktiviert. Sie wurde zuletzt bis zum 4. März
       2024 verlängert – und jetzt ein weiteres Mal.
       
       Vorteil der Regel ist, dass die Betroffenen kein langwieriges Asylverfahren
       durchlaufen müssen. Zudem haben sie unmittelbar etwa das Recht auf
       Sozialleistungen, Bildung, Unterkunft sowie auf eine Arbeitserlaubnis. Die
       Einigung muss noch formell bestätigt werden.
       
       ## Städtebund fordert schnelle Arbeitserlaubnis
       
       Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) fordert, auch Asylbewerbern
       relativ bald nach ihrer Ankunft eine Arbeitserlaubnis zu geben, falls sie
       Aussicht auf eine Anerkennung haben. „Der DStGB spricht sich dafür aus,
       dass Geflüchtete mit Bleibeperspektive von Anfang an arbeiten dürfen“,
       sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Freitagsausgaben der
       Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Arbeit könne einen wesentlichen Beitrag
       zur Integration leisten, und der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt sei da.
       
       Die Diskussion über eine verpflichtende gemeinnützige Arbeit von
       Asylbewerbern sieht er hingegen skeptisch. Die Erwartungen daran seien
       „teilweise zu hoch“, sagte Landsberg. „Die Kapazitäten sind hier begrenzt,
       und der bürokratische Aufwand (ist) groß.“ Es gebe auch nicht ausreichende
       Sanktionsmöglichkeiten für jene, die nicht erschienen.
       
       „Es braucht keine Symbolpolitik, sondern pragmatische Ansätze zum Umgang
       mit den Geflüchteten, die hier sind, und eine Begrenzung des Zuzugs für die
       Zukunft“, so Landsberg
       
       Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hatte sich gesprächsbereit gezeigt beim
       Unionsvorstoß, Asylbewerber während ihres Verfahrens zu gemeinnütziger
       Arbeit zu verpflichten. Österreich plant dies bereits. Der CSU-Vorsitzende
       Markus Söder hat ein entsprechendes Programm angekündigt.
       
       29 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Asylpolitik-der-EU/!5963104
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Bootsflüchtlinge
   DIR Flüchtlinge
   DIR Mittelmeerroute
   DIR Flüchtlingspolitik
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Asylsuchende
   DIR Schwimmen
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Friedrich Merz
   DIR Asyl
   DIR Friedrich Merz
   DIR EU-Grenzpolitik
   DIR GNS
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Schwimmkurse für Flüchtlinge auf Lesbos: Das Meer zurückgewinnen
       
       Auf der griechischen Insel lernen Geflüchtete nach ihren traumatischen
       Erfahrungen, wieder eine Beziehung zum offenen Wasser aufzubauen.
       
   DIR Flucht nach Europa über Kanaren: Über 1.100 Menschen erreichen Küsten
       
       Der spanische Rettungsdienst Archipel vermeldet die Ankunft von mehreren
       Booten auf den Kanarischen Inseln. Die Zahl der Fliehenden ist deutlich
       gestiegen.
       
   DIR Flucht und Migration: Unnötige Panikmache
       
       Die Bilder aus Lampedusa sind irreführend. Die Zahl der übers Mittelmeer
       Flüchtenden ist viel geringer, als die Zahl derer, die 2022 gekommen sind.
       
   DIR EU-Asylkompromiss von Italien blockiert: Die Grünen sind umsonst umgefallen
       
       Berlin hat der „Krisenverordnung“ der EU zugestimmt. Sie soll die Rechte
       von Flüchtlingen einschränken. Nun aber blockiert Italien.
       
   DIR Asyl-Aussage von CDU-Chef: Die Union sorgt für Zahnschmerzen
       
       CDU-Chef Friedrich Merz behauptet, Asylbewerber nähmen „deutschen Bürgern“
       die Zahnarzttermine weg. Das ist Unsinn – doch er bekommt Zuspruch.
       
   DIR Krisenverordnung der Europäischen Union: Die EU bleibt erpressbar
       
       Solange die EU-Staaten in Flüchtlingen eine Gefahr sehen, kann man sie
       unter Druck setzen. Die Asylrechtsverschärfung ändert nichts daran.
       
   DIR Solidarität auf Lampedusa: Fluchtpunkt im Mittelmeer
       
       Auf Lampedusa kommen viele Geflüchtete aus Nordafrika an, berichtet wird
       von Chaos und Überforderung. Doch dieses Bild ist einseitig.