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       # taz.de -- Gefahr für die Energiewende: Grüner Wasserstoff bleibt zu teuer
       
       > Analysen zeigen, dass Wasserstoff doppelt so teuer wird wie gedacht.
       > Dabei will die Industrie doch mit dem Gas klimaneutral werden.
       
   IMG Bild: Wird teurer als gedacht: Wasserstoff-Müllwagen an einer Tankstellen in Herten (NRW)
       
       Berlin taz Realismus rückt an die Stelle der Illusionen: Grüner Wasserstoff
       wird wohl doch nicht der billige Energieträger werden, von dem manches
       Unternehmen bislang träumte. „Deutlich teurer als gedacht“ werde das mit
       erneuerbaren Energien erzeugte Gas, berichtete dieser Tage das Handelsblatt
       aufgrund einer Analyse der US-Unternehmensberatung Boston Consulting Group.
       Statt mit rund 3 Euro pro Kilogramm müsse man voraussichtlich mit Preisen
       zwischen 5 und 8 Euro für [1][grünen Wasserstoff] rechnen, mit dem die
       Industrie klimaneutral werden will.
       
       Das dürfte die Energiewende erschweren. Aber überraschend kommt diese
       Erkenntnis insofern nicht, weil für jedes Kilogramm Wasserstoff, das per
       Elektrolyse gewonnen wird, rund 55 Kilowattstunden Strom nötig sind. Der
       Preis des Wasserstoffs hängt entsprechend eng am Strompreis. Setzt man
       einen mittleren Strompreis von 7 Cent je Kilowattstunde an, belaufen sich
       alleine die Stromkosten auf fast 4 Euro pro Kilogramm. Hinzu kommen – so
       eine Faustregel – Kapitalkosten in Höhe von rund 2 Euro. Folglich wird
       heimischer Wasserstoff bei aktuellen Strompreisen kaum für weniger als 6
       Euro zu bekommen sein.
       
       Entsprechend kommt auch das Beratungsunternehmen E-Bridge Consulting, das
       täglich einen Wasserstoffindex ([2][Hydex Plus]) errechnet, derzeit auf
       einen Vollkostenpreis von rund 6,20 Euro pro Kilogramm. Für hiesige Firmen
       liegt die Schmerzgrenze hingegen oft bei 4, maximal 5 Euro.
       
       [3][Deswegen rufen die Unternehmen derzeit nach Förderung] gleich auf drei
       Ebenen: für die Erzeugung, für die Infrastruktur und für die Nutzung.
       Dieser Dreiklang der Förderwünsche bestimmte dann auch das Industrieforum
       der trinationalen Wasserstoff-Initiative [4][3H2] vor zwei Wochen in der
       Nähe von Freiburg.
       
       ## Das Dilemma der Wasserstofferzeuger
       
       Wasserstofferzeuger stehen nämlich vor einem Dilemma. Produzieren sie mit
       den Anlagen nur dann Wasserstoff, wenn es viel Strom aus erneuerbaren
       Energien gibt, können sie zwar billig Strom einkaufen, doch durch die
       geringe Laufzeit der Anlage schlagen die Kapitalkosten stark zu Buche.
       Läuft der Elektrolyseur hingegen rund um die Uhr (was auch
       energiewirtschaftlich gesehen absurd wäre), sind zwar die Kapitalkosten pro
       Kilogramm geringer, dafür müsste aber auch Strom in teuren Stunden
       eingekauft werden.
       
       Parallel zur Eigenerzeugung blickt Deutschland längst ins Ausland – zumal
       angesichts des hiesigen Bedarfs ohnehin nur rund 30 Prozent aus heimischer
       Erzeugung zu decken sein werden. Doch auch der Importwasserstoff wird
       preislich auf ähnlichem Niveau liegen, wie der heimische. Das geht aus
       Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE im
       Auftrag der Stiftung H2Global hervor.
       
       Danach kostet die Erzeugung eines Kilogramms Wasserstoff in Brasilien,
       Australien und dem Norden Kolumbiens zwar nur zwischen 3,20 und 3,60 Euro,
       doch durch den Schiffstransport ergeben sich in Deutschland dann auch
       wieder Preise von knapp 6 Euro. Günstiger, so die Untersuchungen, ist nur
       der Transport per Pipeline: Algerien, Tunesien und Spanien könnten das
       grüne Gas durch eine auf Wasserstoff umgerüstete Erdgaspipeline für 4,56
       Euro nach Deutschland bringen – aber selbst damit wären die von vielen
       Unternehmen erhofften 3 bis 4 Euro bereits überschritten.
       
       16 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wasserstoffstrategie-der-Bundesregierung/!5946513
   DIR [2] https://e-bridge.de/kompetenzen/energy-markets/wasserstoff/
   DIR [3] /Energiekonzern-RWE-fordert-Subventionen/!5954342
   DIR [4] https://3h2.info/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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