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       # taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Standortbestimmung mit der Kunst
       
       > Der Blick nach oben und zurück: diese Woche schaut man in den Weltraum
       > und überprüft im Systemvergleich, auf welcher Seite sich die Kunst
       > einordnete.
       
   IMG Bild: Eine Frage der Kunst: Barnett Newmans „Who's Afraid of Red, Yellow and Blue IV“
       
       Manchmal meint man, eine Sehnsucht nach einem Früher zu spüren, als noch
       alles irgendwie geordnet schien. Übersichtlich gegliedert, mit einer klaren
       Grenze dazwischen. Hü oder Hott, nichts dazwischen. Als eben noch die Welt
       mit dem Gleichgewicht des Schreckens in Balance gehalten wurde. Mit
       unmissverständlichen Absprachen wie: Wenn ihr eine weitere Atomrakete ins
       Arsenal stellt, dann machen wir das eben auch. Der common sense damals in
       Ost und West.
       
       Das war die berühmte bipolare Welt (dass es neben dem West-Ost noch andere
       Himmelsrichtungen gab, darum konnte man sich bei dieser Spannungslage nun
       wirklich nicht kümmern), mit dem steten Systemvergleich. Auch in den
       sogenannten schönen Dingen. Das Wahre und Gute. Die Kunst.
       
       Wenn man zum Beispiel in diesen fernen vorwendischen Jahren irgendwo im
       damals doppelten Deutschland ausgesetzt worden wäre, aber nicht wissend,
       wo? Hätte man nur im ortsansässigen Kunstmuseum zur Gegenwartskunst gehen
       müssen, um sich zu verorten. Sah man gegenständliche Kunst, gerne mit der
       arbeitenden Bevölkerung? War man mit dem sozialistischen Realismus bestimmt
       in der DDR. Schaute man eher auf Kleckse in einer freien Form? Befand man
       sich damit fest auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung.
       
       Die, die es nicht so haben mit der Kunst, hätten aber möglicherweise
       bereits auf dem Parkplatz vor dem Museum den Standort, einfach an der
       Käfer- oder Trabi-Dichte abgemessen, bestimmt.
       
       ## Ein Spielball der Systeme
       
       Jedenfalls: Es ist halt alles politisch oder zumindest ein Spielball für
       die politischen Systeme. Kann für die Kunst – und mehr noch für die, die
       sie machen – eine „Zerreißprobe“ sein. Das ist der Titel einer Ausstellung
       in der Neuen Nationalgalerie, in der ab Mittwoch die „[1][Kunst zwischen
       Politik und Gesellschaft 1945-2000“] sondiert wird. Zu sehen sind Arbeiten
       aus West und Ost (für den Rest gilt der Klammerinhalt von weiter vorn im
       Text).
       
       Der Systemvergleich war auch wesentlicher Antrieb in der Raumfahrt. Zuerst
       die Sowjets mit Juri Gagarin im All, dann die USA mit Neil Armstrong als
       erste auf dem Mond … Aber das sind alte Geschichten, und wo man aktuell so
       im Weltraum steht, ist Thema des [2][Weltraumkongresses] am Mittwoch im
       ehemaligen Kino Kosmos.
       
       Wie mit dem Weltraumschrott umzugehen ist, wird etwa diskutiert, und neben
       Bundeskanzler Olaf Scholz und dem Astronauten Matthias Maurer ist beim
       Kongress auch Verkehrsminister Volker Wissing dabei, der hienieden von
       einem Tempolimit weiter nichts wissen will.
       
       Damit sich wenigstens auf den deutschen Autobahnen nichts ändert an dem
       Daswarschonimmerso. Auch so eine Sehnsucht.
       
       16 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.smb.museum/ausstellungen/detail/zerreissprobe-kunst-zwischen-politik-und-gesellschaft-1945-2000/
   DIR [2] https://bdi.eu/weltraumkongress
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Mauch
       
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