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       # taz.de -- Triathlon-WM auf Hawaii: Erfahren erfolgreich
       
       > Beim Sieg von Lucy Charles-Barclay komplettieren zwei Deutsche das
       > Podest. Anne Haug wird vor der erschöpften Laura Philipp Zweite.
       
   IMG Bild: Ab auf's Rad! Lucy Charles-Barclay nach dem Schwimmen im Pazifik
       
       [1][Anne Haug] hielt sich gar nicht länger als nötig unter dem Tor mit der
       digitalen Zeitanzeige auf. Wo andere nach dem Ironman Hawaii entweder
       hinter der Ziellinie in Kailua-Kona zusammenbrechen oder einfach
       zurücklaufen, um sich noch einmal den Applaus für eine heroische Leistung
       abzuholen, ging es für die Frau aus Bayreuth einige Meter weiter vorwärts:
       Nachdem die 40-Jährige die Arme in die Höhe gereckt, die Sonnenbrille auf
       die Kappe gesteckt hatte, fiel sie sogleich der Siegerin Lucy
       Charles-Barclay in die Arme.
       
       Die Deutsche wollte der Britin, die nach ihrem ausgestandenen
       Ermüdungsbruch im Fuß gleich noch den Streckenrekord (8:24:31 Stunden)
       verbessert hat, für den ersehnten Triumph sofort gratulieren. „Ich bin
       einfach überglücklich. Lucy hat es so was von verdient – ich freue mich
       riesig für sie“, sagte sie im ARD-Interview.
       
       Mit so viel Sportsgeist eroberte die Zweitplatzierte Haug (8:27:33) die
       Herzen, zumal es auf dem Podium ohnehin nur strahlende Triathletinnen gab.
       Denn mit Laura Philipp als Dritter (8:32:55) kam erstmals bei dieser
       mythenbehafteten Ausdauerprüfung ein deutsches Doppelpodest zustande. „Es
       ist etwas ganz Besonderes, mit Anne und Lucy das Podium zu teilen. Den
       Kranz und die Medaille werde ich jetzt wohl den ganzen Tag tragen“, verriet
       die 36-Jährige.
       
       Auch ihre Leistung verdiente nach einer Achterbahnfahrt unter den gewohnt
       erschwerten Bedingungen in der Gluthitze durchaus Beachtung. „Ich musste
       echt sehr kämpfen. Es ist einfach richtig toll und belohnt mich für die
       ganze Arbeit“, meinte die überglückliche Heidelbergerin, die sich die
       innige Umarmung von ihrem Trainer und Ehemann Philipp Seipp vor allem wegen
       ihrer mutigen Attacke auf dem Rad nach einem doch eher suboptimalen
       Schwimmen mehr als verdient hatte. Kurz darauf kollabierte sie vor
       Erschöpfung und musste die Pressekonferenz ausfallen lassen. Ihr gehe es
       schon bessser, ließ sie mitteilen.
       
       ## Allein durch die Lavafelder
       
       Haug wartete einmal mehr bis zur dritten Disziplin, um wirklich die letzten
       Körperreserven für ihre fast schon obligatorische Aufholjagd anzuzapfen.
       Bei den 3,86 Kilometer im Wasser des Pazifiks hielt sie wie geplant den
       Kontakt zur Spitzengruppe, bei den 180,2 Kilometern auf dem Rad in den
       Lavafeldern ließ sie sich indes nicht verleiten, alle Kräfte zu vergeuden.
       
       Sie sei nach dem Wendepunkt in Hawaii zwar völlig allein gewesen, „aber
       vielleicht war das gar nicht so schlecht, so konnte ich einfach mein Tempo
       fahren“. Zudem achtete sie penibel auf ihre Verpflegung, „so habe ich
       endlich Energie gehabt für einen schnellen Marathon hinten raus“.
       Tatsächlich lief Haug die 42,195 Kilometer so flott wie noch keine andere
       Athletin an diesem Sehnsuchtsort des Triathlons.
       
       Das fünfte Mal landete die Hawaii-Siegerin von 2019 unter den Top drei. „So
       ist mein Medaillensatz komplett. Und es ist ein mega deutsches Ergebnis.“
       Dass sie wie die schon als ewige Zweite verspottete Charles-Barclay vom
       Luxemburger Spezialisten Dan Lorang gecoacht wird, erklärt die innige
       Verbindung der beiden, auch wenn das Trainingsprogramm natürlich höchst
       individualisiert abläuft. Keine Rolle beim zähen Ringen um die stachelige
       Krone in dem hochkarätigen Feld spielte überraschend Daniela Ryf, die am
       Ende Fünfte wurde.
       
       Die fünfmalige Hawaii-Siegerin aus der Schweiz fand im Gegensatz zu ihrem
       jüngsten Sieg im fränkischen Roth bei der Konkurrenzserie Challenge nie in
       einen Rhythmus. „Es war ein Krampf“, erläuterte die 36-Jährige, die wohl
       ihren Abschied auf Big Island gegeben hat. „Ich glaube, das war mein
       letztes Hawaii.“ Sie findet es zwar reizvoll, es noch im nächsten Jahr bei
       der Weltmeisterschaft in Nizza zu versuchen, aber an diesem besonderen Ort
       habe sie ihr Limit ausgereizt.
       
       Seit diesem Jahr hat die World Triathlon Corporation (WTC) den
       Saisonhöhepunkt für Männer und Frauen [2][zeitlich wie räumlich voneinander
       getrennt], um noch mehr Startgelder aus den Altersklassenbereichen
       abzuschöpfen. Eine Entscheidung, die in der Szene kontrovers diskutiert
       wird. Vor einem Monat bei der Männer-Weltmeisterschaft hatte der Hesse
       Patrick Lange hinter dem Franzosen Sam Laidlow Silber geholt. Dass Lange,
       Haug und Philipp insgesamt drei WM-Medaillen abgegriffen haben,
       demonstrierte einmal mehr, wie professionell sich die deutschen Routiniers
       auf das wichtigste Langdistanz-Rennen vorbereiten.
       
       Der Faktor Erfahrung spielt [3][speziell auf Hawaii] eine erhebliche Rolle.
       Die jedoch bis mindestens 2026 beschlossene Wechselspiel mit dem
       Alternativschauplatz in Südfrankreich bedeutet, dass im nächsten Jahr dann
       allein die Eisenmänner im Triathlon-Mekka antreten. Dann muss auch nicht
       mehr im Hintergrund darüber debattiert werden, ob es diesmal nicht besser
       „Ironwoman“ geheißen hätte.
       
       15 Oct 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Hellmann
       
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