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       # taz.de -- Antiisraelische Posts von Fußballprofis: Werte müssen mehr als Worte sein
       
       > Noussair Mazraoui und Anwar El Ghazi posteten kürzlich anti-israelische
       > Inhalte. Höchste Zeit, sie über die jüdischen Wurzeln ihrer Vereine
       > aufzuklären.
       
   IMG Bild: Noussair Mazraoui wird für seine pro-palästinensischen Posts kritisiert
       
       [1][Kurt Landauer] hatte Glück. Vier Wochen nach seiner Inhaftierung im
       [2][KZ Dachau] 1938 wurde der jüdische Fußballfunktionär und langjährige
       Präsident von Bayern München entlassen und konnte in die Schweiz flüchten.
       Viele seiner Geschwister hingegen wurden von den Nazis ermordet. Sein
       Verein Bayern München galt im Dritten Reich als „Juden-Club“.
       
       Ja, dieser Exkurs in die Geschichte des deutschen Rekordmeisters ist
       wichtig, wenn man die Social-Media-Posts seines Spielers Noussair Mazraoui
       bewertet.
       
       Am vergangenen Sonntag teilte der 25-jährige bei Instagram ein Video, in
       dem eine Stimme im Stile eines Gebets sagt: „Gott, hilf unseren
       unterdrückten Brüdern in Palästina, damit sie den Sieg erringen.“
       
       Im Bild ist eine wehende Flagge Palästinas zu sehen. Mazraoui ist dieser
       Tage nicht der einzige Bundesligaprofi, dessen Äußerungen zurecht
       kritisiert werden. Anwar El Ghazi von Mainz 05 teilte unter anderem einen
       Beitrag mit der antisemitischen Losung „From the river to the sea,
       Palestine will be free“, die Israel das Existenzrecht abspricht. Kurz
       darauf löschte er den Beitrag.
       
       Mainz 05 spielt in der Eugen-Salomon-Straße 
       
       Auch El Ghazis Verein ist jüdisch geprägt. Mitbegründer Eugen Salomon, der
       dem Verein einige Jahre vorstand, wurde 1942 in das Konzentrationslager
       Auschwitz deportiert und noch im selben Jahr ermordet. Seit Jahren hält
       insbesondere die aktive Mainzer Fanszene die Erinnerung an Salomon hoch.
       Ihnen ist es auch zu verdanken, dass die 2011 eingeweihte Spielstätte des
       Klubs heute in der Eugen-Salomon-Straße 1 steht.
       
       Von Mazraoui und El Ghazi zu verlangen, sich derart detailliert mit der
       Geschichte ihrer Arbeitgeber auseinanderzusetzen, ist im Fußballgeschäft
       vermutlich realitätsfern. Und natürlich ist niemand ein Antisemit, nur weil
       er sich grundsätzlich mit Palästina solidarisiert oder die vielen zivilen
       Opfer kritisiert, die Israel mit seiner Gegenoffensive auf Gaza
       heraufbeschwört. Es ist auch nicht überraschend, dass sich in einer
       multinationalen und multireligiösen Mannschaft verschiedene Standpunkte zu
       diesem Konflikt wiederfinden.
       
       Aber wer es in der aktuellen Situation, nur wenige Tage nach dem
       [3][schrecklichen Angriff] auf die jüdische Zivilbevölkerung Israels, nicht
       schafft, sich von den Massakern der Hamas zu distanzieren, und
       [4][antisemitische Beiträge] auf Instagram teilt, der wird zu Recht
       kritisiert.
       
       Das gilt umso mehr für jene, die in ihrem Berufsalltag als Fußballprofi
       einen deutschen Verein mit jüdischen Wurzeln repräsentieren. Die Forderung
       eines CDU-Hinterbänklers, Mazraoui „aus Deutschland zu verweisen“, ist
       freilich billigster Populismus.
       
       Distanzierung zum Terror der Hamas ist das Mindeste 
       
       Es ist das Mindeste, dass die Bayern genau wie die Mainzer ein persönliches
       Gespräch mit ihren Spielern angekündigt haben. Vorher wäre eine
       Suspendierung, die von einigen gefordert wird, unangemessen. Doch sollten
       die Vereine beweisen, dass die Werte, die sie in ihren PR-Statements gerne
       betonen, mehr als nur Worte sind.
       
       Mainz 05 hat 2021 öffentlichkeitswirksam ein Leitbild verabschiedet, in dem
       sich der Verein „gegen Ausgrenzung und Diskriminierung“ positioniert. Der
       FC Bayern hatte kurz nach Bekanntwerden des Angriffs der Hamas mitgeteilt,
       sich um seine Freunde in Israel zu sorgen. Eine eindeutige Distanzierung
       ihrer Angestellten zum Terror der Hamas ist jetzt das Mindeste.
       
       Gerade der deutsche Rekordmeister hat in dieser Hinsicht viel aufzuholen.
       Es dürfte gar nicht so leicht werden, Mazraoui zu erklären, warum sein Post
       mit den Werten des Vereins unvereinbar ist, wo die Bayern doch noch in der
       letzten Saison für die staatliche Fluglinie Katars warben. Das Golf-Emirat
       gehört seit etwa 15 Jahren zu den wichtigsten Unterstützern der Hamas.
       
       Mainz 05 hat unterdessen reagiert. Am Dienstagabend teilte der Verein mit,
       Anwar El Ghazi vom Spiel- und Trainingsbetrieb freizustellen. In dem wieder
       gelöschten Social-Media-Post habe der Spieler „in einer Art und Weise
       Position zum Konflikt im Nahen Osten bezogen, die für den Verein so nicht
       tolerierbar war.“
       
       17 Oct 2023
       
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