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       # taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Zuletzt die Hoffnung auf Versöhnung
       
       > Mit dem November kommen die Gedenktage zur Trauerarbeit. Dabei wird im
       > Humboldt Forum mit dem Día de Muertos den Toten auch ein rauschendes Fest
       > gegönnt.
       
   IMG Bild: Ein großes Fest: eine „Skelett-Parade“ beim mexikanischen Tag der Toten
       
       Die Uhr ist wieder umgestellt (ist sie?), der Sommer und seine Zeit …
       vorbei. Stattdessen warten da die graukalten Tage. Fast schon wieder ein
       Glück mag man es nennen, dass man von denen gar nicht so viel sieht, weil
       mit der umgestellten Zeit die Tage ja kürzer und die Abende länger dunkel
       sind. Man hört schon, wie das Jahr röchelt und sich zu seinem Ende
       schleppt. November steht diese Woche an. Er wird auch der Totenmonat
       genannt.
       
       Menschen mit einer geringer ausgeprägten Flugscham gucken in dieser Zeit
       gern nach dem nächsten Flug in den Süden. Die anderen halten sich eben an
       die Grammatik. Die Verheißung von Futur 2, vollendete Zukunft: Es wird
       gewesen sein. Dereinst, wenn man sich nach den grauen Tagen wiedergeboren
       fühlen darf für eine neue Runde, im nächsten Jahr.
       
       Totenmonat ist der November übrigens wegen fortgesetzter und an Gedenktagen
       festgezurrter Trauerarbeit: Ende November der Totensonntag, mit dem die
       evangelischen Kirchen an die Verstorbenen erinnern. Eine Woche davor der
       Volkstrauertag, an dem mittlerweile der Opfer von Gewalt und Krieg aller
       Nationen gedacht werden soll. Und diese Woche am Donnerstag holen sich die
       Katholiken an Allerseelen die Toten ins Gedächtnis.
       
       Wenigstens um die Ecke hat damit auch ein Fest zu tun, in dem manche alte
       keltische Traditionen wittern und in dem in jedem Fall Migrationsgeschichte
       steckt: Halloween. War im katholischen Irland weit verbreitet, wurde von
       den Auswanderern mit in die USA genommen und steht jetzt als Re-Import hier
       vor der Tür. Wenn es da am Dienstagabend klingelt, will aber niemand über
       die wahren Ursprünge von Halloween diskutieren. Da wird nur die Hand
       aufgehalten. Weil man vor der Tür der unbedingten Meinung ist, dass
       Halloween schlicht der Festtag für abendliche Besuche bei der Nachbarschaft
       zur Verbreitung von Süßigkeiten unter Minderjährigen ist.
       
       Für Brauchtumsforscher sehr interessant ist auch der Día de Muertos, der
       Tag der Toten, einer der wichtigsten mexikanischen Feiertage. Vorkoloniale
       Traditionen kommen dabei mit christlichen Gepflogenheiten zusammen, in der
       Terminierung auf Allerheiligen und Allerseelen. Es geht um die Toten. Eine
       Trauerveranstaltung ist es aber nicht, sondern ein rauschendes Fest, die
       Fiesta de Día de Muertos, die auch in Berlin im Humbold Forum gefeiert wird
       [1][mit Musik, Tanz und einem Markt], gleich fünf Tage lang vom Mittwoch
       bis Sonntag.
       
       Und dass am Donnerstag die Berliner Märchentage starten, soll zumindest
       erwähnt sein. Thema in diesem Jahr: [2][„Streit und Versöhnung“]. Letzteres
       klingt nach all dem Tod und den grauen Tagen doch märchenhaft schön.
       
       30 Oct 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Mauch
       
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