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       # taz.de -- Sone Tage
       
       > Nach teilweise spektakulären vier Heimsiegen in Folge muss sich der VfB
       > Stuttgart eiskalten Hoffenheimern daheim mit 2:3 knapp, aber nicht
       > unverdient geschlagen geben. TSG-Keeper Oliver Baumann hielt den Sieg
       > fest
       
       Aus Stuttgart Christoph Ruf
       
       Nach dem Ende einer beeindruckenden Serie – vor der 2:3-Niederlage gegen
       Hoffenheim hatte Stuttgart alle vier Heimspiele gewonnen – brauchten sie
       beim VfB eine Weile, um ein ziemlich unterhaltsames Spiel einzuordnen, bei
       dem am Ende der Gegner die Nase vorne hatte. „Manchmal gibt es sone Tage“,
       sagte der in Berlin sozialisierte VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth.
       „Aber ihr Journalisten habt sicher auch nicht geglaubt, dass wir ohne
       Niederlage durch die Saison kommen.“
       
       Das wirklich nicht, und eigentlich hatte man angesichts der Torfolge vom
       Samstag – der VfB lag nach Toren von Grischa Prömel (4.), Wout Weghorst
       (21.) und Robert Skov (66.) zuerst 0:2, dann 1:3 zurück – nicht einmal
       damit rechnen können, dass es noch spannend werden würde. Doch dann trafen
       Chris Führich und Deniz Undav noch zum 1:2 (61.) und 2:3 (73.), und
       Hoffenheims Bester, Torwart Oliver Baumann, musste drei Mal in größter Not
       retten – allein in den sechs Minuten Nachspielzeit. So kam es zu einem
       Hoffenheimer Auswärtssieg, der „mit Eiseskälte, einem bisschen Glück und
       einem sehr guten Torwart“ errungen wurde, wie Wohlgemuth treffend
       analysierte.
       
       Auch Hoffenheims Trainer Pellegrino Matarazzo, der beim Ex-Arbeitgeber
       Stuttgart wie auch im heimischen Kraichgau „Rino“ genannt wird, sprach von
       einem „etwas glücklichen“ Sieg. Er lobte aber auch die Leistung seines
       Teams. „Unsere Konteraktionen sind uns gut gelungen, das war auch Teil des
       Plans.“ Und der Plan war gut. Denn wenngleich Stuttgart einen Elfmeter
       verschoss (Undav, 30.) und auf seinen besten Torschützen, Serhou Guirassy
       (14 Saisontreffer) verletzungsbedingt verzichten musste – unverdient war
       der Hoffenheimer Sieg nicht. Die hintere Abwehrreihe um die drei Kanten
       Kevin Akpoguma, Kevin Vogt und John Anthony Brooks stand diesmal sicher.
       Nachdem Brooks die jüngste 1:3-Heimniederlage gegen Eintracht Frankfurt
       quasi im Alleingang herbeidilettiert hatte, war das die Basis für einen
       gelungenen Nachmittag. Auf Torhüter Baumann ist im Grunde sowieso Verlass,
       seit er 2014 erstmals im Hoffenheimer Tor stand. Am Samstag hielt er
       überragend, war bester Mann auf dem Platz und strahlte dabei stets die
       Coolness aus, die Wohlgemuth so treffend als „Eiseskälte“ bezeichnet hatte.
       
       Hinzu kommt, dass die Hoffenheimer Offensivreihe um den erneut sehr starken
       und immer noch sehr jungen Maximilian Beier (21), Skov und Weghorst eh dort
       einzuordnen ist, wo das Team steht: im oberen Drittel des
       Bundesliga-Klassements nämlich. Weghorst, mit einem Meter 97 Körpergröße
       ausgestattet, flog nach seinem Treffer seinem ebenfalls nicht
       kleinwüchsigen Trainer Matarazzo in die Arme – und wurde dort
       überraschenderweise aufgefangen. „Ich wollte meine Dankbarkeit ausdrücken,
       dass er mir vertraut“, erläuterte der Niederländer nach dem Spiel. „Es hat
       ganz schön lange gedauert mit meinem ersten Treffer. Aber er hat mich heute
       Morgen noch zu sich geholt und gesagt: ‚Bleib einfach ruhig, dein Tor
       kommt‘“.
       
       Nach dem fünften Auswärtssieg in Folge (!) war nun auch für die bislang
       sehr bescheiden auftretenden Hoffenheimer offenbar der Zeitpunkt gekommen,
       die eigenen Ambitionen etwas konkreter zu benennen. Weghorst war dann schon
       mal so frei. „Wir stehen jetzt sehr gut da, in der Tabellenregion, um deren
       Plätze wir auch am Ende gern mitkämpfen würden.“
       
       Allerdings hatte auch der VfB, bei dessen Spielen seit einigen Monaten
       stets beste Unterhaltung garantiert ist, im neunten Saisonspiel eine
       richtig gute Leistung gezeigt. Und 21 von 27 möglichen Punkten sind ja
       insgesamt keine schlechte Bilanz für eine Mannschaft, die in der Vorsaison
       (wie auch Hoffenheim) noch bis zuletzt gegen den Abstieg gespielt hatte.
       Und dennoch merkte man dem VfB-Trainer Sebastian Hoeneß und Wohlgemuth am
       Samstag bei ihren Analysen nicht nur an, wie sehr sie sich über einen
       fünften Sieg im fünften Heimspiel gefreut hätten. Insgeheim hatten sie ihn
       vielleicht auch einkalkuliert. Damit ging es ihnen nicht anders als seinen
       Spielern. Von denen verließ auch kaum einer den Platz, ohne sehr ausdauernd
       und frustriert den Kopf zu schütteln. Der VfB traut sich etwas zu in dieser
       Saison – die TSG auch.
       
       30 Oct 2023
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Ruf
       
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