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       # taz.de -- Rassismus und Antisemitismus: Wo bleibt die Zuversicht?
       
       > In Krisenzeiten hilft der Blick in den neuen Asterix-Comic, der positives
       > Denken propagiert, auch nicht mehr. Hetze, wie von der CDU, genauso
       > wenig.
       
   IMG Bild: Asterix und Obelix hat einen neuen Texter
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Abscheu über den Schurkenstaat Katar.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Gute Gespräche mit dem Vermittler Katar.
       
       Laut [1][Friedrich Merz] sind Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen
       schuld am maroden Bildungssystem. Gehört gegen Kinder hetzen jetzt zum
       guten Ton in der deutschen Politik? 
       
       Unser Gesundheitssystem wäre ja auch super, wenn die Leute nicht ständig
       krank würden. „Jeder zweite Türke muss zurück, der Rest sollte in der
       deutschen Sprache geschult werden.“ So raunte Bundeskanzler Helmut Kohl,
       Merz’ politischer Ahn, 1982. Und bis in die 90er: „Deutschland ist kein
       Einwanderungsland und wird es auch nicht werden.“ Merz weiß also seit gut
       40 Jahren und darin sieben CDU-Regierungen, wer es wie vergeigt hat. Jeder
       zweite CDU-Vorsitzende verweigert die Realität, der Rest handelte wider
       besseres Wissen.
       
       Goofy wurde zum Jugendwort des Jahres gewählt. Haben Sie das Wort schon mal
       aus dem Mund eines Jugendlichen gehört? 
       
       Ja, vor 50 Jahren.
       
       Der neue Asterix-Comic „Die weiße Iris“ ist da. Es geht um einen Coach, der
       die Gallier und Römer in positivem Denken schulen soll. Der perfekte
       Lesestoff in Krisenzeiten? 
       
       Die „Iris“ spiegelt den 1973er Band „Streit um Asterix“. Dort entsendet
       Caesar den hochinfektiös intriganten „Tullius Destructivus“ ins gallische
       Dorf. In seiner Gegenwart verfärben sich die Sprechblasen gallegrün und
       zerspalten jedwede Gesellschaft. Also ungefähr AfD. Diesmal kommt mit
       „Visusversus“ ein gegelter Eso-Schmierlapp und säuselt werteblasierten
       Heilschaum. Das mag irgendwo zwischen Grün, Öko, Zeugen Jehovas und
       wokeness liegen. Und mit der Insrechtsetzung „zünftiger Keilerei“ und
       ordentlich Schweinefleisch irgendetwas aussagen wollen. Der neue Texter mag
       so „den besten Asterix seit 40 Jahren“ geschaffen haben, wie der Spiegel
       meint. Zu viel des Guten: Das Heft ist heillos übertextet und sprechbläst
       das Publikum um.
       
       Deutschland belegt einen traurigen ersten Platz in einer [2][EU-weiten
       Studie über Rassismus] gegen Schwarze Menschen. Überrascht Sie das? 
       
       Die Studie erfasst nur 13 von 27 EU-Staaten, und verweist in einer Fußnote
       darauf, dass im Berichtszeitraum die „Black Lives Matter“-Bewegung emporkam
       und weltweite Sensibilisierung gegen rassistisches Unrecht gestiegen sei.
       Eine nüchterne Auslegung würde also besagen, dass in Deutschland
       Empowerment und Bewusstsein gegen Diskriminierung erheblich gestiegen sind.
       Das ist nicht schön, aber zuversichtlicher.
       
       Jens Spahn findet, man müsse Geflüchtete notfalls mit „physischer Gewalt“
       an der Grenze aufhalten. Zeit für einen Wechsel zur „Massiv
       abschieben“-Partei des Bundeskanzlers? 
       
       Spahn, der sich als arbeitsloser Minister zu einer Art Universalgelehrtem
       entwickelt, covert hier Alice Weidel und Beatrix von Storch. Und damit den
       Trend, die AfD durch Ähnlichkeit bekämpfen zu wollen. Olaf Scholz
       demonstriert erneut sein „Zeitenwende“-Muster: „Wenn Du absiehst, dass der
       Zug Dich überrollt – werde Lokomotivführer.“ Aus der
       SPD-Grundwertekommission ruft Vorsitzende Gesine Schwan, das sei „eindeutig
       eine wahltaktische Angelegenheit“, die Regierung gebe selbst zu, dass eine
       Handvoll Abschiebungen mehr „ein Tropfen auf den heißen Stein“ seien. Man
       müsse bei dem Thema vielmehr „die Bevölkerung beruhigen“. Wird schon seinen
       Grund haben, warum solche Leute in Kommissionen endgelagert werden.
       
       Fridays for Future postet antisemitische Verschwörungstheorien auf seinem
       internationalen Instagram-Account. [3][Die deutsche Sektion distanziert
       sich.] Ist das das Ende der globalen Klimabewegung? 
       
       Die grassierende Gleichsetzung von „propalästinensisch“ und „antisemitisch“
       zeigt, wie eine Zuspitzung zur Lüge wird. Wer die palästinensische
       Bevölkerung unterstützen will, hat Respekt verdient. Wie jeder, der die
       israelische Bevölkerung unterstützt. Es gibt Menschen, die schaffen beides.
       In beiden Ländern. Wer in dieser hochexplosiven Lage selbstgefällig
       dummdreist daherpoltert, schwächt die Chancen der Vernünftigen und nimmt
       sich aus dem Diskurs.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Mit Bochum, Köln und Mainz stehen drei durchaus sympathische Klubs auf den
       Abstiegsplätzen. Diese zunehmend seelenlose Liga müsste uns doch Geld
       bieten, damit wir Meister werden. Ach na ja, tut sie. Egal.
       
       Fragen: Vivien Mirzai, Elisa Pfleger und Anna Hollandt
       
       29 Oct 2023
       
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