# taz.de -- Literaturnobelpreis für Jon Fosse: Nordischer Favorit seit 22 Jahren
> Der Norweger Jon Fosse wird seit Jahrzehnten als Kandidat für den
> Literaturnobelpreis gehandelt. Nun wird er für seine Dramen und Romane
> ausgezeichnet.
IMG Bild: Literaturnobelpreisträger 2023: Der norwegische Autor Jon Fosse
Stockholm taz | Das einzige, was eigentlich gegen einen Literaturnobelpreis
für Jon Fosse spreche, sei sein Alter, meinte die norwegische Tageszeitung
Aftenposten schon 2001. Mit gerade einmal 42 Jahren sei er der Schwedischen
Akademie aber natürlich viel zu jung. Das war wohl eine richtige
Einschätzung, denn tatsächlich war die Hälfte der PreisträgerInnen in den
vergangenen 22 Jahren älter als 70 Jahre.
Zumindest schien Fosse den Akademiemitgliedern aber mit seinen mittlerweile
64 Jahren in diesem Jahr auch nicht mehr zu jung zu sein. Die Akademie gab
am Donnerstag bekannt, [1][dass Jon Fosse in diesem Jahr den Preis
zugesprochen bekommt].
Auf der Liste der FavoritInnen war er in den letzten 22 Jahren nämlich
regelmäßig immer wieder aufgetaucht. 2013 sah sich ein britisches Wettbüro
sogar gezwungen, alle Wetten auf Fosse zu stoppen, weil es plötzlich eine
verdächtige Welle hoher Einsätze gab. Wusste da jemand etwas, was er
eigentlich nicht wissen sollte? Nein, tatsächlich erhielt dann [2][in
diesem Jahr die kanadische Verfasserin Alice Munro] den Preis.
Sie habe es mittlerweile auch aufgegeben, sich irgendwie speziell auf
diesen ersten Donnerstag im Oktober vorzubereiten, erzählte Cecilie
Seiness, Fosses Redakteurin beim Samlaget-Verlag, der seine Bücher
herausgibt, am Mittwoch im norwegischen Fernsehen. Die Frage sei ja
eigentlich nur, wie lange Fosse noch warten müsse. Vorsichtshalber stehe
für den Fall der Fälle aber jedenfalls eine Flasche Apfelwein im
Kühlschrank.
Und warum er Jahr für Jahr als würdiger Gewinner prognostiziert werde?
„Wenn du nicht weißt, was das für ein Buch ist, das du da öffnest, erkennst
du ganz schnell automatisch, dass es Fosse ist“, sagt sie: „Er schreibt wie
kein anderer, er hat seinen eigenen Rhythmus und seine eigene Musikalität.“
Dieses Jahr jährt sich Jon Fosses Debüt mit dem Roman „Raudt, svart“ (Rot,
schwarz) zum 40. Mal. Er veröffentlichte zunächst Lyrikbände und Romane,
darunter auch die dreiteilige Kinderbuchserie „Hundemanuskripta“
(Hundemanuskripte) und „Søster“ (Schwester), das 2007 den Deutschen
Jugendliteraturpreis erhielt.
## Übersetzt in 50 Sprachen
Rund 70 Romane, Erzählungen und Schauspiele sind es mittlerweile geworden.
Sie wurden in über 50 Sprachen übersetzt. Die Liste nationaler und
internationaler Preise ist noch länger. Er ist einer der derzeit weltweit
am meisten aufgeführten europäischen Dramatiker, der meistgespielte
norwegische seit Henrik Ibsen, einer „der wichtigsten Dramatiker unserer
Zeit“, wie es in der Begründung für den ihm 2010 verliehenen „International
Ibsen Award“ heißt.
Unheimlich fleißig sei er, sagt Cecilie Seiness: „Er schreibt wie ein
Verrückter.“ Sein zwischen 2019 und 2021 in drei Bänden erschienenes Epos
„Septologien“ – „das längste, das ich je geschrieben habe“ (Fosse) – rufe
endgültig nach einem Literaturnobelpreis, schrieb die schwedische Uppsala
Nya Tidning vor einigen Monaten. Die Akademie in Stockholm hat diesen Ruf
nun erhört.
5 Oct 2023
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## AUTOREN
DIR Reinhard Wolff
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