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       # taz.de -- Surfen bei den Olympischen Spielen: Turmbau zu Tahiti
       
       > Bei Olympia 2024 wird in einem einzigartigen Revier vor Tahiti über die
       > Wellen gesurft. Nun gibt es Proteste gegen den Bau einer Plattform im
       > Riff.
       
   IMG Bild: Naturfreund auf dem Brett: Weltmeister Filipo Toledo in der olympischen Welle
       
       Die Welle, auf der die olympischen Surfer*innen 2024 reiten werden, ist
       eine Naturgewalt. Wenn sie besonders kräftig und hoch bricht, wirkt sie
       kaum noch wie eine Welle. Eher, als würde sich das gesamte Wasser in der
       Bucht vor Teahupo’o, Tahiti, aufklappen und einmal umfalten. Viele Surfende
       bezeichnen sie als [1][eine der gefährlichsten und schwierigsten Wellen
       weltweit]. Doch die Welle befindet sich in einem fragilen Ökosystem. Sie
       bricht über einem Korallenriff. Die Form des Riffs macht die Welle
       einzigartig.
       
       Im kommenden Jahr wird sie olympisch. Doch das hat seinen Preis.
       Surfer*innen vor Ort und weltweit sorgen sich um das Riff, die Welle und
       ihr Ökosystem. Denn für die Olympischen Spiele soll das Riff angebohrt
       werden, um daran eine Metallplattform verankern zu können. Surfende und
       Anwohner*innen, sorgen sich, dass dadurch das Riff und ihr Lebensraum
       Schaden nehmen.
       
       „Der Ozean und die Lagune ist der kostbarste Ort, den wir hier haben“, sagt
       Matahi Drollet. Der Profisurfer aus Tahiti [2][veröffentlichte in der
       vergangenen Woche mehrere Videos] unter anderem auf Instagram, in denen er
       sich gegen die Plattform ausspricht oder in denen er auf Protestzügen
       dagegen mitläuft. „Dieser friedliche Spaziergang richtet sich nicht gegen
       Olympia, sondern gegen den neuen Aluminium-Turm“, schreibt er dazu. Drollet
       hat eine Petition gegen den Neubau im Riff initiiert.
       
       Auf der Plattform sollen die Juror*innen Platz finden, die die
       Surfwettkämpfe bewerten. In Teahupo’o finden bereits regelmäßig
       internationale Surfwettkämpfe statt. Dafür wurde bisher immer ein hölzerner
       Turm für die Juror*innen errichtet, der danach wieder abgebaut wurde.
       „Er funktioniert perfekt und sie müssen sich an unsere Umwelt anpassen und
       auf uns Locals hören“, sagt Drollet und adressiert die Organisatoren der
       Spiele.
       
       ## Surf-Szene schließt sich Protesten an
       
       Der bisherige Turm trägt etwa 10 bis 20 Personen. Für Olympia sollen bis zu
       40 Menschen darauf passen, inklusive Ausrüstung für Fernsehübertragungen in
       die ganze Welt. Auf der neuen Plattform soll daher auch Platz für Toiletten
       und eine Klimaanlage sein.
       
       Internationale Surfgrößen liken und kommentieren Drollets Videos. Darunter
       auch der bisher erfolgreichste Wettkampfsurfer und 11-fache Weltmeister
       Kelly Slater sowie der aktuelle Weltmeister Filipe Toledo. „Lasst das Geld
       nicht die Natur erobern“, kommentiert Toledo.
       
       In einer weiteren Protestaktion paddelten ortsansässige Surfer*innen in
       die Bucht an den Punkt, an dem der Turm errichtet werden soll. Viele äußern
       in den sozialen Medien ihr Unverständnis darüber, dass der bisherige Turm
       für die Olympischen Spiele nicht ausreiche. Sie treibt die Sorge um, das
       Fundament für den neuen Turm könnte das Ökosystem und damit auch die
       Lebensgrundlage vieler Menschen vor Ort gefährden.
       
       Ursprünglich waren noch mehr Neubauten rund um die Bucht für Olympia
       geplant. Dort hat der Protest jedoch bereits gewirkt. Das olympische
       Organisationskomitee Tahiti hat die Planungen für eine Brücke, eine
       Hotelrenovierung und ein olympisches Dorf gestoppt, berichtet der britische
       Guardian. Neue Bauprojekte sollten auf ein Minimum beschränkt werden.
       Dieses verbleibende Minimum ist nun die Metall-Plattform für die
       Juror*innen, die im Riff verankert werden soll.
       
       Um dennoch die Athlet*innen, Coaches und das Team der Olympiade beherbergen
       zu können, setzen die Organisator*innen auf ein Kreuzfahrtschiff, das
       in der Bucht parken soll. „Das Kreuzfahrtschiff ist nicht die beste Lösung
       – die Motoren laufen den ganzen Tag – aber es ist eine, die keinen
       bleibenden Schaden hinterlässt“, [3][sagte die tahitische Umweltschützerin
       Cindy Otcenasek dem Guardian].
       
       Bis Redaktionsschluss war kein Statement der Organisator*innen von
       den Olympischen Spielen 2024 zu bekommen. Auf ihrer Webseite schreiben sie:
       „Der Veranstaltungsort für den Wettkampf wurde designt, um die
       außergewöhnliche natürliche Umgebung zu schützen.“ Das Event werde die
       Küstenlinie nicht beeinträchtigen und Fans werden den Nervenkitzel und die
       Gänsehaut vor Ort genießen können, während sie die polynesische Kultur, den
       olympischen Geist und die Werte von Paris 2024 feiern, versprechen die
       Organisator*innen.
       
       Surfen ist seit den Olympischen Spielen 2021 olympische Disziplin. Die
       Szene streitet seither, ob die Aufnahme die Sportart, die stolz auf ihr
       rebellisches Gegenkultur-Image ist, kommerzialisiert oder ihr zu mehr
       Akzeptanz verhilft. Der Surfwettkampf der Olympischen Spiele der Paris
       Olympiade kann nur deshalb [4][auf dem weit von der französischen Metropole
       entfernten Tahiti] stattfinden, weil die Insel als Teil von
       Französisch-Polynesien zu den französischen Überseegebieten zählt. Mit der
       Diskussion, um den Aluminium-Turm im Riff vor Teahupo’o, nimmt die Zahl der
       Olympia-Gegner*innen in der Surfszene wohl aktuell rasant zu.
       
       23 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Die-Magie-des-Surfens/!5918490
   DIR [2] https://www.instagram.com/p/CycEKNnP6Ab/
   DIR [3] https://www.theguardian.com/world/2023/jul/01/tahiti-digs-in-to-protect-most-beautiful-wave-ahead-of-olympic-surf-event
   DIR [4] /Olympische-Spiele-2024/!5649617
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Moritz Müllender
       
       ## TAGS
       
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