URI: 
       # taz.de -- Hohe Preise für Nahrungsmittel: Schlechte Stimmung beim Konsum
       
       > Die Inflation drückt noch auf die Kauflaune der Menschen in Deutschland,
       > ein Großteil verzichtet ihretwegen. Doch das könnte sich bald ändern.
       
   IMG Bild: Mehr Menschen konsumieren mehr, hier auf einer Einkaufsstraße in Düsseldorf
       
       Berlin taz | Bei Wirtschaftsausblicken ist derzeit viel davon die Rede,
       dass die [1][hohen Energiepreise] die Industrie belasten. Dass die hohe
       Inflation jedoch auf den Einkommen der Beschäftigten lastet, gerät in den
       Hintergrund. Dabei drückt dies weiterhin auf die Kauflaune und damit auch
       auf die Wirtschaftsleistung.
       
       „Vor allem die hohen Preise für Nahrungsmittel schwächen die Kaufkraft der
       privaten Haushalte in Deutschland und sorgen dafür, dass der private Konsum
       in diesem Jahr keine Stütze der Konjunktur sein wird“, warnt Konsumexperte
       Rolf Bürkl vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM).
       
       Das NIM veröffentlicht monatlich zusammen mit dem Marktforschungsinstitut
       GfK das GfK-Konsumklima, das die Kauflaune der Menschen im Land messen soll
       und auf Umfragen beruht. Und laut dem jüngsten, am Dienstag veröffentlichen
       Konsumklima hat sich die Stimmung unter den Verbraucher*innen weiter
       verschlechtert. „Mit dem dritten Rückgang in Folge müssen die Hoffnungen
       auf eine Erholung der Konsumstimmung noch in diesem Jahr endgültig begraben
       werden“, prognostiziert deshalb Bürkl.
       
       Wie wichtig die Kaufkraft der Bevölkerung für die Konjunktur ist, zeigt
       sich auch in der gegenwärtigen Energiepreiskrise. Dass die Wirtschaft zum
       Jahreswechsel 2022/23 in eine Rezession geriet, lag nämlich maßgeblich an
       der Konsumzurückhaltung der privaten Haushalte. So sind deren Ausgaben in
       den ersten drei Monaten dieses Jahres um 1,2 Prozent zurückgegangen, weil
       die Menschen aufgrund der hohen Inflation insbesondere bei Nahrungsmitteln,
       Bekleidung und Einrichtungsgegenständen sparten.
       
       ## Großteil verzichtet wegen Inflation
       
       Wie sehr die aktuellen Krisen das Leben der Menschen beeinflussen, zeigt
       auch das am Dienstag veröffentlichte Vermögensbarometer des Deutschen
       Sparkassen- und Giroverbandes. 26 Prozent der Menschen in Deutschland
       bewerten ihre finanzielle Situation demnach als „schlecht“ oder „sehr
       schlecht“. Vor einem Jahr waren es noch 22 Prozent. Die Folge: 71 Prozent
       der im Rahmen des Vermögensbarometers Befragten gaben dieses Jahr an, durch
       den Preisanstieg in ihrem Alltag verstärkt auf Dinge verzichten zu müssen.
       Das sind 6 Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr.
       
       Allerdings scheint sich das Blatt zu wenden. „Die Inflation nimmt deutlich
       ab, gleichzeitig profitieren die Beschäftigten von hohen Lohnabschlüssen“,
       sagt Peter Hohlfeld vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung
       (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.
       
       So ging die [2][Inflation] zuletzt von 6,1 Prozent im August auf 4,5
       Prozent im September zurück. Gleichzeitig erzielte etwa die
       Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im öffentlichen Dienst von Bund und
       Kommunen im April Lohnsteigerungen von durchschnittlich 11,5 Prozent. Mit
       rund 2,5 Millionen Beschäftigten war dies die größte Tarifrunde in diesem
       Jahr. „Unterm Strich wird das die Kaufkraft verbessern. Die privaten
       Haushalte werden dadurch im kommenden Jahr wieder mehr konsumieren“,
       erklärt Konjunkturexperte Hohlfeld.
       
       Hohlfeld und seine Kolleg*innen gehen davon aus, dass die privaten
       Konsumausgaben nach einem Rückgang in diesem Jahr von 0,5 Prozent im
       nächsten Jahr um 1,6 Prozent steigen werden. Das wird laut dem IMK auch
       dazu beitragen, dass die deutsche Wirtschaftsleistung im nächsten Jahr
       wieder wächst.
       
       ## Wirtschaft wächst 2024 wieder
       
       Auch wenn die schlechte Lage in der Bauindustrie und lahmende
       Exportwirtschaft dämpfend auf die Konjunktur wirken, wird das
       Bruttoinlandsprodukt laut der aktuellen Prognose des IMK im Jahr 2024 um
       0,7 Prozent zulegen, nachdem es dieses Jahr noch um 0,5 zurückgeht. Das IMK
       bewegt sich damit im Rahmen anderer gängiger Konjunkturprognosen.
       
       Was sich übrigens auch positiv auf den gesamtgesellschaftlichen Konsum
       auswirkt, ist die [3][Zuwanderung]. „Mehr Menschen konsumieren auch mehr“,
       so Hohlfeld. „Die Zuwanderung hat damit auch einen positiven Effekt auf das
       Bruttoinlandsprodukt.“
       
       24 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Debatte-um-Industriestrompreis/!5953331
   DIR [2] /Inflationsrate-sinkt-schlagartig/!5963140
   DIR [3] /Scharfe-Toene-zu-Migration/!5965251
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simon Poelchau
       
       ## TAGS
       
   DIR Konsum
   DIR Konjunktur
   DIR Inflation
   DIR IG
   DIR Rezession
   DIR Energiepreise
   DIR Konzerne
   DIR Rezession
   DIR Wirtschaftswachstum
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Mehrwertsteuer-Wiederanhebung auf Gas: Höhere Steuern zulasten Armer
       
       Die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Gas trifft Einkommensschwache
       besonders. Sie geben einen besonders großen Teil ihres Geldes dafür aus.
       
   DIR Abschwung in Deutschland: Die Schuldenbremse muss weg
       
       Die Konjunktur lahmt derzeit, die Situation ist schlechter als die Zahlen.
       Nötig sind jetzt mehr öffentliche Investitionen.
       
   DIR Deutsche Industriepolitik: Robert Habeck mal ganz großzügig
       
       Der Wirtschaftsminister will den Rest dieser Amtszeit nutzen, um den
       Industriestandort zu stärken. Firmen werden um 50 Milliarden Euro
       entlastet.
       
   DIR Umgang mit Konzernprofiten: Zukunftsgeld statt Zufallsgewinn
       
       Eine Übergewinnsteuer könnte der EU Geld einbringen, das in ihrem Budget
       fehlt, zeigt eine Studie. Deutschland hat das Instrument auslaufen lassen.
       
   DIR Rezessionsprognose für Deutschland: Am besten Energie sparen
       
       Deutschlands Wirtschaft schrumpft, damit die Inflation sinkt. Die jetzige
       Krise zeigt, dass das Land zu abhängig von fossilen Energien ist.
       
   DIR Konjunkturprognose der EU-Kommission: Deutschland zieht Eurozone runter
       
       Die EU-Kommission senkt ihre Prognose für das kommende Jahr – auch wegen
       des schwachen deutschen Konsums. Die andauernde Inflation bereitet Sorgen.