# taz.de -- Kein AfD-Oberbürgermeister in Bitterfeld: Bitterfeld ist doch Nordhausen
> In der sachsen-anhaltischen Industriestadt Bitterfeld-Wolfen verhindern
> die Wähler:innen den ersten AfD-Oberbürgermeister.
IMG Bild: Amtsinhaber Armin Schenk (CDU) lag am Ende knapp über seinem AfD-Herausforderer
taz | Dresden Im Schatten der Wahlerfolge der AfD in Hessen und Bayern ist
die „Alternative“ im Osten Deutschlands auf kommunaler Ebene erneut
gestoppt worden. [1][Wie schon vor zwei Wochen in der Südharzstadt
Nordhausen] kehrten die Wähler in Bitterfeld-Wolfen bei der Stichwahl um
das Oberbürgermeisteramt das Ergebnis des ersten Wahlganges um. Amtsinhaber
Armin Schenk (CDU) setzte sich mit 53,8 Wählerprozenten gegen seinen
zunächst favorisierten AfD-Kontrahenten Henning Dornack durch. Damit ist
die AfD erneut mit dem prestigeträchtigen Vorhaben gescheitert, erstmals
einen Oberbürgermeister zu stellen.
Nachdem der pensionierte Polizeikommissar Dornack bei der Auszählung lange
vorn gelegen hatte, gab später die Zahl der Briefwählerstimmen den
Ausschlag. Amtsinhaber Schenk wurde auch von der Bundes-CDU unterstützt. So
redete Parteichef Friedrich Merz im Wahlkampf, Sachsen-Anhalts
Ministerpräsident Reiner Haseloff sprach von einer „Weichenstellung“, warb
für einen „Kandidaten der Mitte“.
Wie in Nordhausen regte sich in der Doppelstadt im einst
schmutzig-verrufenen Chemiedreieck der DDR ebenso zivilgesellschaftlicher
Widerstand. Ein „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ hatte bereits eine
Online-Unterschriftenaktion gestartet und veranstaltete am Samstag eine
Kundgebung zur Unterstützung des Amtsinhabers. Das Bündnis vereint Bürger,
Vereine, Kirchen, Künstler, Wissenschaftlerinnen, Gewerkschaftler und
Unternehmerinnen.
## Kommunalpolitik im Vordergrund
Zumindest im Wahlkampf standen bundespolitische Themen und die allgemeine
Krisenstimmung nicht im Vordergrund, sondern die Kommunalpolitik. Der
ehemalige Polizist Dornack setzte auf Ordnungspolitik, prangerte
insbesondere Bodenverkäufe am beliebten Tagebausee Goitzsche an. Dornack
war allerdings bislang kaum in Erscheinung getreten, wie Grünen-Stadträtin
Sabine Griebsch bemerkte. Schenk stellte vor allem [2][die lebenswerte
Stadt] und gesunde Finanzen heraus.
Einst als schmutzigste Stadt Europas verschrien, hat Bitterfeld durch
Umweltmaßnahmen und neue Industrieansiedlungen nach 1990 eine beachtliche
Entwicklung genommen. Im Chemiepark mit 13.000 Beschäftigten wurden schon
Bedenken laut, dass ein AfD-Oberbürgermeister ausländische Investoren
abschrecken könnte.
Als erste Partei reagierte am Wahlabend die Linke. Statt von Freude zu
sprechen, sieht der Kreisverband im knappen Wahlausgang „ein deutliches
Warnsignal für alle demokratischen Parteien“. Sie müssten gemeinsam
Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen, niemanden ausgrenzen und
nicht nach Sündenböcken suchen. „Eine solide Sach- und Themenpolitik steht
für uns auf der Agenda“, sagte Kreisvorsitzender Matthias Schütz.
8 Oct 2023
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## AUTOREN
DIR Michael Bartsch
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