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       # taz.de -- Präsidentschaftswahlen in Liberia: Weltfußballer will nicht vom Platz
       
       > Liberias Präsident und Ex-Fußballer George Weah kandidiert für eine
       > zweite Amtszeit. Seine Bilanz ist mager – aber immerhin hält der Frieden.
       
   IMG Bild: Anhänger des Präsidenten George Weah am 8. Oktober in Monrovia
       
       Cotonou taz | [1][George Weah], Weltfußballer des Jahres 1995 und seit 2018
       Präsident Liberias, will wiedergewählt werden. Bei der Präsidentschaftswahl
       am Dienstag 10. Oktober gilt der Amtsinhaber als aussichtsreichster
       Bewerber.
       
       Der bekannteste seiner 19 Gegenkandidat:innen ist [2][Joseph Boakai,
       der zwischen 2006 und 2018 Vizepräsident war] und Weah vor sechs Jahren in
       der Stichwahl unterlag.
       
       Er wolle „die Leben aller“ verbessern, hatte der heute 57-jährige einstige
       Fußballprofi zu Beginn seiner ersten Amtszeit gesagt. Heute lebt nach
       Schätzungen rund die Hälfte der 5,2 Millionen Einwohner:innen Liberias
       weiterhin unterhalb der Armutsgrenze.
       
       Trotz neuer Straßen fehlt vor allem auf dem Land Wasserversorgung, nur gut
       ein Viertel der Bevölkerung hat Zugang zu Strom, gut ein Drittel hat
       keinerlei sanitäre Einrichtungen.
       
       ## Problem steigender Preise
       
       Mehrfach hat es Proteste gegen die Weah-Regierung gegeben. Denn neben der
       mangelnden Infrastruktur sind im vergangenen Jahr die Preise für Benzin und
       Nahrungsmittel gestiegen.
       
       Ein weiteres Ziel hat Weah anfangs gerne betont: Er wolle die Korruption
       bekämpfen. Ausgerechnet drei enge Mitarbeiter und hochrangige Angestellte
       und Beamte, darunter Stabschef Nathaniel McGill, wurden vergangenes Jahr
       von den USA wegen mutmaßlicher Veruntreuung öffentlicher Gelder mit
       Sanktionen belegt.
       
       McGill ist dennoch Kandidat der regierenden Koalition für den
       Demokratischen Wandel (CDC) bei den zeitgleich stattfindenden Senatswahlen.
       Nach Einschätzung der US-Behörden soll der frühere Oberstaatsanwalt Sayma
       Syrenius Cephus gegen Bestechungsgelder Verfahren eingestellt haben. Nach
       Bekanntgabe der Vorwürfe war er zurückgetreten.
       
       Zunehmend debattiert werden die zahlreichen Fälle von häuslicher und
       sexualisierter Gewalt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts
       Afrobarometer schätzte jede:r Zweite, dass dies häufig vorkomme. 2020 rief
       Weah sogar den nationalen Notstand wegen der steigenden Zahl von
       Vergewaltigungen aus. Mittlerweile gibt es ein eigenes Gericht, das
       ausschließlich Fälle von sexualisierter Gewalt verhandelt.
       
       ## Problem politische Gewalt
       
       Gewalt ist auch im Wahlkampf ein Thema. Vergangene Woche hatte sich das
       UN-Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen besorgt gezeigt, nachdem Ende
       September im Distrikt Foya bei Ausschreitungen zwischen CDC und der
       oppositionellen Einheitsparty (UP) zwei Menschen getötet und 20 verletzt
       worden waren.
       
       Auch in Nimba, Montserrado und Grand Cape Mount war es zu Konflikten
       gekommen. Darüber hinaus wurden acht Angriffe auf Journalist:innen
       dokumentiert.
       
       Akteur:innen der Zivilgesellschaft sowie Vertreter:innen von
       Religionsgemeinschaften warnen seit Monaten vor einer Zunahme von Gewalt in
       Liberia, wo ein blutiger Bürgerkrieg zwischen 1989 und 2003 schätzungsweise
       eine Viertelmillion Tote forderte. Das „Westafrikanische Netzwerk zur
       Friedensschaffung“ (Wanep) schreibt in einer Anfang Oktober
       veröffentlichten Analyse, dass politisch motivierte Gewalt ein
       wiederkehrender Trend in Liberia sei, auch wenn die letzte
       Präsidentschaftswahl 2017 überwiegend friedlich gewesen sein.
       
       Problematisch sei, dass traditionelle Meinungsführer:innen, deren Aufgabe
       es eigentlich ist, bei Konflikten parteiübergreifend zu vermitteln, Partei
       ergreifen. So hat während einer Feier zum Unabhängigkeitstag am 26. Juli
       der Vorsitzende des traditionellen Rates, Chief Zanzan Kawor, offen zur
       Wahl von Weah aufgerufen.
       
       ## Hoffnungsträger Bergbau und Kautschukplantagen
       
       Als Meilenstein gilt allerdings die Friedensvereinbarung Farmington River,
       die im April 27 von 31 Parteien unterzeichneten. Darin verpflichteten sie
       sich zu gewaltfreien, freien, fairen und transparenten Wahlen. Diese haben
       diesmal einen hohen symbolischen Wert, finden sie doch 20 Jahre nach dem
       Ende des Bürgerkrieges statt.
       
       Im Aufwind ist heute wieder der Bergbau. Vor dem Bürgerkrieg machten nach
       Angaben der nationalen Investitionskommission NIC die Erträge aus Eisenerz
       knapp die Hälfte aller Staatseinnahmen aus. Seit 2006 habe es Investitionen
       in Milliardenhöhe gegeben, etwa von China Union und Liberty Gold. Als
       zukunftsträchtig gelten auch Umstrukturierungen der Kautschukplantagen.
       
       Das tropische Liberia, eines der feuchtesten Länder der Welt, gilt
       allerdings auch als extrem anfällig für den Klimawandel. Schwere Regenfälle
       zwischen Mai und November sorgen regelmäßig für Überschwemmungen, und
       dieses Phänomen dürfte sich angesichts steigender Durchschnittstemperaturen
       verschärfen.
       
       10 Oct 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
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