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       # taz.de -- Erneuerung des globalen Finanzsystems: Die Weltbank braucht mehr Geld
       
       > Klimakrise, Hunger, Kriege: Das globale Finanzsystem muss erneuert
       > werden. Währungsfonds und Banken beraten in Marrakesch, wie das klappen
       > kann.
       
   IMG Bild: Ajay Banga, der neue Chef der Weltbank beim Treffen in Marrakesch
       
       Berlin taz | Naturkatastrophen, Armut, Hunger und immer wieder neu
       aufbrechende Krisenherde – die Hilferufe der betroffenen Länder an die
       internationale Gemeinschaft sind gewaltig. Die Weltbank und der
       Internationale Währungsfonds (IWF) stehen unter Druck, deutlich mehr zu
       machen als bisher, um die [1][globalen Krisen abzufedern]. Nur wie, bei
       abnehmendem Wachstum? Darüber beraten gerade Weltbank und IWF auf ihrer
       [2][Herbsttagung in Marrakesch].
       
       Der IWF prognostiziert einen Rückgang des globalen Wachstums von 3,5
       Prozent in diesem Jahr auf noch etwa 3,0 Prozent in den kommenden beiden
       Jahren. Trotz Inflation und hohen Zinsen, Krieg sowie den Nachwehen der
       Pandemie sei „die Chance auf eine weiche Landung“ aber gestiegen, sagte
       IWF-Chefin Kristalina Georgieva. Sie hofft, dass die Inflation unter
       Kontrolle gebracht wird, ohne eine Rezession auszulösen.
       
       Dann könnten sich die internationalen Finanzinstitutionen viel leichter auf
       die Hauptaufgabe ihres Treffens konzentrieren: die Reform des globalen
       Finanzsystems. Dessen Grundlage wurde vor knapp 80 Jahren mit der Gründung
       von IWF und Weltbank gelegt. Doch das System genügt den Herausforderungen
       des 21. Jahrhunderts längst nicht mehr – daher wurde im vergangenen Jahr
       ein Reformprozess begonnen.
       
       „Seitdem ist mehr passiert, als viele Akteure erwartet hätten“, lobt David
       Ryfisch von der deutschen Entwicklungsorganisation [3][Germanwatch]. Dies
       betrifft insbesondere die Weltbank. Diese hat ihre Aufgaben erweitert.
       Während bislang einzig die Bekämpfung der Armut im Fokus stand, soll nun
       auch für einen „lebenswerten Planeten“ gesorgt werden. Zudem geht die
       Weltbank nun größere Risiken ein. Das führt dazu, dass sie 40 Milliarden
       Dollar zusätzlich verleihen kann.
       
       ## Weltbank soll wachsen
       
       Das reicht [4][Ajay Banga, dem neuen Chef der Weltbank,] noch nicht: „Es
       gibt keinen Zweifel, dass wir eine größere Bank brauchen.“ Dazu sollen zum
       einen die bestehenden Mittel noch besser genutzt werden, etwa indem
       abrufbares Kapital zum Eigenkapital gerechnet wird. Zum anderen hofft Banga
       aber auch auf eine Kapitalerhöhung. Durch diese Maßnahmen könnte die Bank
       deutlich mehr Geld verleihen.
       
       Allerdings: Die Mitberücksichtigung der Klimakrise macht auch enorme Summen
       an zusätzlichen Mitteln erforderlich. Die G20-Staaten schätzen, dass das
       jährliche Kreditvolumen aller Entwicklungsbanken für die Bekämpfung des
       Klimawandels von 130 Milliarden Dollar verdreifacht werden muss. Ob schon
       in Marrakesch eine Rekapitalisierung dieser Banken beschlossen werden kann,
       wird sich allerdings erst am Schluss der Tagung gegen Ende der Woche
       zeigen.
       
       Ein weiterer Grund für den erhöhten Kapitalbedarf von IWF und der
       Entwicklungsbanken ist die Schuldenkrise. Rund ein Dutzend Länder kann
       bereits heute seinen Schuldendienst nicht mehr tragen. In Marrakesch könnte
       die Umschuldung der Verbindlichkeiten einiger dieser Länder wie Ghana,
       Sambia und Sri Lanka vereinbart werden. Bei weiteren Staaten besteht zudem
       die Gefahr, dass sie ebenfalls in eine Schuldenkrise geraten. Dazu gehören
       Argentinien, Pakistan, Kenia und Ägypten.
       
       Zudem dürften die Zinsen in den Industriestaaten und damit auch im Rest der
       Welt „länger hoch“ bleiben als erwartet, warnt Banga. Das ist insbesondere
       für ärmere Länder ein Problem, da sie regelmäßig alte durch neue Kredite
       ersetzen müssen. Trotz der erwarteten „weichen Landung“ der Weltwirtschaft
       droht vielen Länder daher ein jäher Absturz. Ob die Reform von IWF und
       Weltbank dagegen helfen kann, ist fraglich.
       
       12 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schuldenkrise-im-Globalen-Sueden/!5945035
   DIR [2] https://meetings.imf.org/
   DIR [3] https://www.germanwatch.org/de/89461
   DIR [4] /Kandidatur-als-Weltbank-Praesident/!5918982
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Mihatsch
       
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