URI: 
       # taz.de -- Theater über Schwarzsein: Auf Wurzelsuche im Zauberlicht
       
       > Empowerment in Hannover: In „I am. We are“ der Hamburgerin Mable Preach
       > suchen junge BIPoCs nach ihren Wurzeln und positiven Vorbildern.
       
   IMG Bild: Mit humorvollem Ernst gespielt: Ensemble von „I am. We are“
       
       Aktuell heißt der Modus Dauerkrise. Die [1][Hamburger Regisseurin Mable
       Preach] schlägt vor, ihm versuchsweise mal die Suche nach sich selbst als
       Verortung in der Vergangenheit entgegenzusetzen. Also tanzen in der
       [2][Stückentwicklung „I am. We are“ am Schauspiel Hannover] junge BIPoCs
       auf der Suche nach den eigenen Wurzeln durch ghanaische Wälder. Irgendwo
       soll ein geheimnisvoller See bei Vollmond entstehen und als Briefkasten für
       Flaschenpost an Schwarze tote Held:innen fungieren.
       
       Preach schafft eine Bühnensituation mit Afropop-Flair und hat eine klare
       Botschaft zu offerieren. Das angepeilt junge Publikum soll positiv besetzte
       Menschen, die einem irgendwie ähneln, als Motivations- und
       Selbstverständigungshelfer entdecken. Dazu sind ein paar Denglisch-Dialoge
       im Jugend-Jargon arrangiert sowie sehr gelungene Songdarbietungen und auch
       mal eine Gedicht-Rezitation inszeniert.
       
       Vier recht eindimensional gescriptete Figuren lässt das Ensemble dafür
       liebevoll lebendig werden, weich in den Bewegungen, woke im Miteinander. Da
       ist zunächst Ruby, Tochter eines abgeschobenen Afrikaners und einer
       deutschen Mutter.
       
       Sie erzählt, in eine Adoptivfamilie gegeben worden zu sein, der es
       missfiel, dass sie als „mixed Mädchen“ wie ein „bunter Hund“ auffiel.
       Deswegen wurde versucht, ihr das „Schwarzsein aus-zu-erziehen“. Ruby nimmt
       sich daher zum Vorbild die ähnlich aufgewachsene, 1996 freiwillig aus dem
       Leben geschiedene [3][May Ayim, Schriftstellerin und Aktivistin
       afrodeutscher Initiativen].
       
       Chin erzählt strahlend, seinem Namen gemäß, vom [4][nigerianischen
       Schriftsteller Chinua Achebe]. Abbla widmet ihre „Storytime“ Queen Nzinga,
       die im heutigen Angola den mörderischen Kolonialisten aus Portugal einst
       Paroli bieten konnte. Afias Kurzvortrag feiert Queen Abla Pokou. Im 18.
       Jahrhundert opferte sie den Göttern ihren Sohn, um ihr Volk in ein sicheres
       Siedlungsgebiet (der heutigen Elfenbeinküste) führen zu können.
       
       Und alle singen: „We stand on the shoulders of giants / We honor their
       legacy with defiance / We will not be silenced or oppressed / We will rise
       up and be our best / I am. We are. Our ancestors’ wildest dreams.“
       
       Endlich Vollmond – eingeflaschte Briefe an die Ahnen werden verschickt. Und
       was folgt aus der Auseinandersetzung mit der Geschichte? Abbla erklärt, nun
       BWL studieren zu wollen, Chin möchte seine Bilder ausstellen, Ruby ihren
       Vater suchen und Afia sie dabei begleiten.
       
       Der retrofuturistische Ansatz zur Selbstbestimmung ist lehrreich mit
       humorvollem Ernst entwickelt. Dass Jugendliche diese sympathische
       Fortsetzung von Schule mit Theatermitteln anregend aufklärerisch kickt,
       bleibt zu hoffen. Denn Empowerment wärmt in diesen miesen Zeiten. Jens
       Fischer
       
       24 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Performance-in-Hannover/!5912639
   DIR [2] https://staatstheater-hannover.de/de_DE/programm/i-am-we-are.1343718
   DIR [3] /Rassismus-und-Black-History-Month/!5829456
   DIR [4] /Zum-Tod-des-Schriftstellers-Achebe/!5070779
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Fischer
       
       ## TAGS
       
   DIR Schauspiel Hannover
   DIR Afrodeutsche
   DIR Schwarze Deutsche
   DIR Feminismus
   DIR wochentaz
   DIR Anti-Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Neue Anthologien afrikanischer Literatur: Dehnungsstreifen auf dem Herzen
       
       Aufrüttelnd und augenöffnend sind zwei neue Anthologien afrikanischer
       Autor:innen. Das ist auch ein Verdienst der Verlegerin Margaret Busby.
       
   DIR Album „The Omnichord Real Book“: Rückkehr zu den Sternen
       
       Meshell Ndegeocellos Stimme navigiert zwischen Tradition und
       Afrofuturismus. Auf ihrem neuen Album sind auch zwei Gäste vom Label Blue
       Note dabei.
       
   DIR Performance in Hannover: Empowerment in Lichtgeschwindigkeit
       
       Im Stück „K(no)w Black Heroes“ von Mable Preach zeigen zwei Schwarze Frauen
       ihr Ringen um Identität und kulturelle Heimat.