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       # taz.de -- Weniger Lärm, weniger Unfälle: Der große Spaß bei Tempo 30
       
       > Wer im dreistelligen Stundenkilometerbereich sausen kann, ist nicht
       > begeistert. Für alle Nichtautofahrer ist Tempo 30 innerorts ein Genuss.
       
   IMG Bild: Stau in Düsseldorf: In Großstädten liegt das Kfz-Durchschnittstempo unter 30 Stundenkilometer
       
       Ich bin gegen [1][Tempo-30-Zonen]. Damit stehe ich nicht allein. Viele
       Autofahrer fühlen sich durch Tempo-30-Zonen eingeschränkt: Sie haben viele
       tausend Euro für ein Gefährt ausgegeben, das in der Lage ist, im
       dreistelligen Stundenkilometerbereich dahinzusausen – und sollen besseres
       [2][Radfahrtempo] fahren? Dabei werden sie ohnehin dauernd behindert: In
       Großstädten liegt das Kfz-Durchschnittstempo zur Hauptverkehrszeit deutlich
       unter 30 Stundenkilometer. Grund sind Staus – also zu viele Autos auf einem
       Haufen: In München stehen Autofahrer jährlich beeindruckende 74 Stunden im
       Stau, in Berlin 71 Stunden, selbst in Bremen sind es 40 Stunden.
       
       Ganz schön viel Lebenszeit! Ich kann mich also gut in das Leiden der
       Autoeinsitzenden einfühlen, wenn ich an ihnen vorbeiradele. In der Werbung
       sieht alles schön aus: das Auto als dahingleitender Bezwinger sich ewig
       dahinziehender Küstenstraßen, gelenkt von schlanken, sportlichen Menschen,
       die stets auf Anhieb einen Gratisparkplatz direkt vor ihrem Ziel finden.
       Und jetzt haben sie dieses Auto, sind in der Stadt unterwegs, rote Ampeln
       leuchten, wo immer sie parken wollen, steht schon jemand. Und ist dann mal
       freie Fahrt, sollen sie wegen eines Schilds langsamer fahren, als sie
       könnten?
       
       Nein. Nicht wegen eines Schilds, sondern weil da Menschen wohnen, zu Fuß
       gehen, Rad fahren. Bei Tempo 30 halbieren sich wahrgenommener
       [3][Verkehrslärm und Unfallgefahr]. Die Gefahr tödlicher Unfälle sinkt
       sogar um 75 Prozent. Tempo 30 verringert also die dem Autoverkehr
       immanente, konstante Verletzung der Gesundheit aller (gerade) nicht Auto
       Fahrenden.
       
       Ich habe nichts gegen die 30, sondern störe mich aber an der „Zone“.
       Schließlich leben innerorts überall Menschen, die ungern belärmt und
       überfahren werden. Ich habe noch nie von jemand gehört, seine Traumwohnung
       müsse vor allem ein Kriterium erfüllen: an einer vielbefahrenen Straße ohne
       Geschwindigkeitsbeschränkung liegen. Logisch wäre also flächendeckend Tempo
       30 innerorts.
       
       ## Her mit innerorts Tempo 30!
       
       Das würde auch mehr Spaß für Verkehrsfreidemokraten ermöglichen. Denn
       vermutlich gäbe es dann in jedem noch so kleinen Ort mindestens eines
       dieser Tempomessgeräte mit Smiley. Jeder bekäme die Möglichkeit, mit seinem
       Rad ein böses Gesicht auf die Anzeige zu zaubern. Das bedeutete
       Freiheitsdrang ausleben und Leistung erbringen in einem!
       
       Funfact: Auf dem Rad ist man nicht durch die allgemeinen
       Geschwindigkeitsbegrenzungen der StVO eingeschränkt (die gelten nur für
       Kfz), sondern hat eigenverantwortlich schlicht darauf zu achten, niemanden
       zu gefährden.
       
       Auch im Sinne von Freiheit, Leistung und Eigenverantwortung sollte es also
       heißen: Schluss mit Tempo-30-Zonen, her mit innerorts durchgängig 30! Falls
       eine Bürgerinitiative die Einführung einer Tempo-50-Zone in der Straße vor
       der eigenen Haustür wünscht, kann man ja immer noch über Ausnahmeregelungen
       nachdenken.
       
       20 Oct 2023
       
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