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       # taz.de -- Radfahren mit Störfaktoren: Die Anonymen Radfahrerfeinde
       
       > Auch der Weg zur Arbeit kann mit dem Rad ein Vergnügen sein. Wenn da
       > nicht die vielen Glassplitter auf dem Weg stören würden.
       
   IMG Bild: So schön kann es auf dem Rad sein, wenn alles glatt läuft
       
       Was für eine Strecke! Glatter Asphalt bis auf ein paar Huckel, mit vier
       Metern breit genug für Radler, Fußgänger, Läufer, Skater. Die knapp zwei
       Kilometer durch den Grünzug zwischen S- Bahnhof Priesterweg und Südkreuz,
       offiziell: Hans-Baluschek-Park, sind so etwas wie der Höhepunkt einer
       morgendlichen Fahrt aus dem Berliner Südwesten zum Verlagsgebäude der taz
       an der Friedrichstraße.
       
       Zugegeben, die gelegentlichen Polizeikontrollen am Priesterweg, ob da auch
       ja keiner auf dem Fußweg, sondern bloß auf der gröbstpflastrigen Straße
       davor fährt, können einem das auch mal madig machen. Aber im Grunde ist es
       ein schönes Dahinrollen, weil der Platz eben reicht, wenn keiner mit Tempo
       38 in eine Wegverschwenkung reinrast, Läufer breit nebeneinander oder
       Skater in der Wegmitte unterwegs sind.
       
       Wenn da nicht die Anonymen Radfahrerfeinde wären. Diese Gruppe, hier mal
       ARF abgekürzt, ist zwar nirgendwo offiziell registriert, aber es muss sie
       geben. Zumindest nach dem Sherlock-Holmes-Prinzip, wonach jene Erklärung
       für ein Phänomen am wahrscheinlichsten ist, die übrig bleibt, wenn man alle
       anderen ausgeschlossen hat.
       
       Das Phänomen, das sind die Glassplitter auf diesem Wegstück. Es ist nicht
       eine zerborstene Flasche, die immer wieder zu sehen ist. Nein, da erstreckt
       sich manchmal über fünf, sechs Meter eine Landschaft aus feinen Splittern.
       Als hätte sie jemand hingestreut. Schlimm genug, wenn dort abends feiernde
       Menschen meinen, ihre Flaschen zerschlagen zu müssen. Aber das würde nicht
       diese mitunter so großflächige Verteilung der Splitter erklären. Und vom
       Himmel sind sie ja nicht gefallen. Da wären die ARF zumindest eine
       Möglichkeit.
       
       Schnelle Radfahrer gefallen ja grundsätzlich nicht jedem. Das gilt auch für
       die Pläne für die offizielle Radschnellverbindung, die dereinst über diesen
       Weg führen soll. „Kein Radschnellweg im Park“ ist hier und da aufgesprüht.
       Wobei das eine andere Gruppe sein muss, denn die Scherben sind ein
       gegenwärtiges Phänomen, während der Radschnellweg wohl erst gegen Ende des
       Jahrzehnts offiziell wird.
       
       ARF oder nicht: Die splittrige Situation im Hans-Baluschek-Park ist kein
       Einzelfall. Wer wirklich mehr Menschen auf dem Weg zur Arbeit in den Sattel
       holen will, der muss nicht nur Radwege bauen, sondern sie auch pflegen. Und
       das heißt nicht bloß, alle paar Jahre mal zu schauen, ob der Asphalt noch
       okay ist. Es bedeutet auch, jeden Morgen eine Besenmaschine drüberfahren
       und die scherbigen Folgen der vorangegangenen Nacht beseitigen zu lassen.
       Denn wer vielleicht schon bei seiner ersten Fahrt plötzlich mit einem
       Platten zwischen Zuhause und Job steht, der wird sich sonst überlegen, ob
       er oder sie sich das noch einmal antut. Nachhaltig wäre das nicht.
       
       31 Oct 2023
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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