# taz.de -- Verbot gegen Pro-Palästina-Demos: Anders denken zulassen
> Die Verbreitung von Antisemitismus ist unbestritten ein Problem. Doch das
> nun zum Generalverdacht auszuweiten, ist falsch und kontraproduktiv.
IMG Bild: Pro-Palästina-Demo in Berlin am Sonntag, den 15. Oktober
Im Gegensatz zu Frankreich gibt es in Deutschland kein pauschales Verbot
von Pro-Palästina-Demonstrationen. Sondern es obliegt hier der Polizei in
den einzelnen Bundesländern, Versammlungen zu unterbinden. Was [1][auch
geschehen ist]. Seit Beginn der Eskalation im Nahostkonflikt wurden
Kundgebungen in mehreren deutschen Städten nach Prüfung des Einzelfalls
verboten.
Zumindest [2][in Berlin] gibt es jedoch de facto keinen Unterschied mehr zu
Frankreich. Pro-Palästina-Demonstrationen werden dieser Tage von vornherein
untersagt. Ein solches pauschales Verbot widerspricht nicht nur dem
Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit, sondern ist auch
gefährlich für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Die Berliner Polizei argumentiert mit der „unmittelbare(n) Gefahr, dass es
bei der Versammlung zu volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen,
Gewaltverherrlichungen (…) sowie Gewalttätigkeiten kommt“. Doch rührt diese
Gefahr allein daher, dass es sich um eine Kundgebung von Palästinensern und
Palästinenserinnen handelt?
Die erschreckend [3][weitreichende Verbreitung von Antisemitismus] in der
arabischstämmigen Bevölkerung ist unbestritten ein Problem. Das ist nicht
erst seit gestern so. Doch dieses Problem nun zum Generalverdacht
auszuweiten und entsprechende Verbote zu verhängen, ist falsch und
kontraproduktiv. Demselben Geist entspringt auch die Möglichkeit für
Berliner Schulleitungen, das Tragen des [4][Palästinensertuchs] zu
verbieten.
In Deutschland leben unzählige Menschen mit palästinensischen Wurzeln, die
die Hamas trotzdem ablehnen, die Israel das Existenzrecht nicht absprechen
und die dennoch mit Sorge und Grauen auf das Leid der Menschen – oft sind
es Verwandte und Freunde – [5][im Gazastreifen] und im Westjordanland
blicken. Ihr Protest richtet sich nicht gegen die israelische Bevölkerung,
sondern gegen die Angriffe auf zivile Ziele, gegen die Vertreibung
Hunderttausender aus ihren Häusern.
Diese Menschen haben in Deutschland aktuell keine Stimme. Manche könnten
als Reaktion darauf ihr Vertrauen in die deutsche Demokratie verlieren und
sich radikalisieren. Das ist gefährlich. Kritik an der militärischen
Antwort Israels, an der Verhältnismäßigkeit dieser Antwort, muss deshalb
möglich bleiben, auch auf der Straße.
19 Oct 2023
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## AUTOREN
DIR Teseo La Marca
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