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       # taz.de -- Pressefreiheit in Russland: US-Journalistin in U-Haft
       
       > Einer amerikanisch-russischen Mitarbeiterin von Radio Liberty droht
       > jahrelange Haft. Sie habe sich nicht als „ausländische Agentin“
       > registriert.
       
   IMG Bild: Alzu Kurmaschewa, Mitarbeiterin des tatarisch-baschkirischen Dienstes von Radio Liberty
       
       Berlin taz | In Kasan, Hauptstadt der russischen autonomen Republik
       Tatarstan, ist am Mittwoch eine Journalistin des Senders Radio Freies
       Europa (RL) festgenommen worden. Alzu Kurmaschewa, Mitarbeiterin des
       tatarisch-baschkirischen Dienstes von RL, sitzt jetzt in Untersuchungshaft.
       Ihr wird zur Last gelegt, es versäumt zu haben, sich als [1][„ausländische
       Agentin“] registrieren zu lassen. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu
       fünf Jahre Gefängnis.
       
       Den Ermittlungen zufolge soll Kurmaschewa „militärische Informationen“
       gesammelt und an „ausländische Quellen“ weitergegeben haben. Deren Ziel sei
       es unter anderem, „Russland zu diskreditieren“. Thema war die Mobilmachung
       von Lehrkräften einer tatarischen Hochschule. Jetzt könnte laut dem
       Nachrichtenportal Tatar-Inform ein weiteres Strafverfahren hinzukommen. Die
       Journalistin hatte ein Buch über den Ukrainekrieg herausgegeben, das
       Russland „in schlechtem Licht“ erscheinen lasse.
       
       Kurmaschewa, die die US-amerikanische und die russische Staatsbürgerschaft
       besitzt, lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Prag. Seit Jahren
       arbeitet sie vor allem zu nationalen Minderheiten in Tatarstan und
       Baschkortostan (einer autonomen Nachbarrepublik Tatarstans). Schwerpunkt
       ihrer Arbeit sind Bürgerbewegungen, die sich für den Erhalt der tatarischen
       Sprache und Kultur einsetzen. Die tatarische Bevölkerung steht seit Jahren
       unter wachsendem Druck der russischen Behörden.
       
       Kurmaschewa war im vergangenen Mai aufgrund von Familienangelegenheiten
       nach Russland gereist. Am 2. Juni war sie auf dem Flughafen von Kasan
       festgesetzt worden, während sie auf ihren Rückflug nach Tschechien wartete.
       Beide Pässe wurden konfisziert, die Journalistin erhielt eine Geldstrafe.
       Der Vorwurf lautete, sie habe es unterlassen, den russischen Behörden ihre
       US-Staatsbürgerschaft anzuzeigen.
       
       ## Anklage wegen Spionage
       
       Ihre Ausweisdokumente hatte Kurmaschewa bis zum 18. Oktober, als die Falle
       erneut zuschnappte, immer noch nicht zurückerhalten. RL und seine
       Redaktionen sind seit 2017 beim russischen Justizministerium als
       „ausländische Agenten“ gelistet, die Person Alzu Kurmaschewa hingegen
       nicht.
       
       Ihr Fall ist nicht der erste in Russland, der Mitarbeiter von Medien mit
       US-Staatsbürgerschaft betrifft. Seit März 2023 sitzt [2][der US-Reporter
       Evan Gershkovich], der für das Wall Street Journal arbeitete, in Moskau in
       Haft. Er ist wegen Spionage angeklagt. Washington hat Moskau wiederholt
       vorgeworfen, willkürlich US-Bürger*innen festzunehmen, um sie gegen
       inhaftierte Russ*innen auszutauschen.
       
       19 Oct 2023
       
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   DIR Barbara Oertel
       
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