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       # taz.de -- Gaza im Völkerrecht: Begeht Israel einen Genozid?
       
       > Hamas-Unterstützer werfen Israel vor, in Gaza einen Genozid zu verüben.
       > Dabei begeht, wenn überhaupt, die Hamas einen Völkermord.
       
   IMG Bild: International finden pro-palästinenisische Demonstrationen statt, hier von Studierenden in New York
       
       Der Völkermord-Vorwurf prägt die Rhetorik der Hamas-Unterstützer:innen.
       Nicht nur Greta Thunberg teilte auf Instagram einen Beitrag, der Israel
       „Genocide“ vorwarf, [1][auf Demos zum Gazakrieg sind die „Genozid“-Plakate
       allgegenwärtig]. Juristisch betrachtet, müsste sich der Vorwurf aber eher
       gegen die Hamas richten.
       
       Die Völkermord-Konvention ist ein Vertrag, der 1948 unter dem Dach der
       Vereinten Nationen entstand. Er wurde seither von 153 Staaten ratifiziert,
       darunter auch Israel (1949) und Palästina (2014) und war eine Reaktion der
       Welt auf den [2][Holocaust]. Jeder Teilnehmerstaat verpflichtet sich,
       Völkermorde zu verhindern und zu bestrafen.
       
       Das Delikt des Völkermords hat zwei Elemente, eine Tathandlung und eine
       dahinterstehende Absicht. Tathandlung kann etwa die direkte Tötung von
       Menschen sein, aber auch das Auferlegen von Lebensbedingungen, die zur
       Vernichtung führen können. Schon die Tötung eines einzelnen Menschen kann
       ein genozidaler Akt sein, wenn die entsprechende Absicht dahinterstand.
       
       Die erforderliche Intention ist im Gesetz definiert. Es geht um die
       „Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als
       solche ganz oder teilweise zu zerstören“. Erst diese Absicht macht aus
       einem Mord oder Kriegsverbrechen einen Akt des Völkermords. Genozid gilt
       als das „Verbrechen der Verbrechen“, deshalb wiegt der Vorwurf moralisch
       schwerer als eine Anschuldigung wegen Kriegsverbrechen.
       
       ## Die Hamas hat das Ziel, Juden zu töten
       
       Die Hamas warf Israel schon lange Völkermord in Gaza vor, insbesondere,
       wenn die israelische Armee auf Hamas-Terrorangriffe und -Raketen mit
       massivem Beschuss reagierte. Da die Hamas die Zivilbevölkerung als
       Schutzschild missbraucht, kamen dabei auch Tausende Zivilist:innen ums
       Leben.
       
       Dass Israel sich im aktuellen Konflikt Hinweise auf den Schutz der
       Zivilbevölkerung verbittet und der Verteidigungsminister die Hamas-Kämpfer
       als „menschliche Tiere“ bezeichnet, macht den Völkermord-Vorwurf für manche
       offenbar plausibel.
       
       Allerdings will Israel zwar die Kriegspartei Hamas vernichten, nicht aber
       das palästinensische Volk. Selbst wenn in der israelischen Führung über
       eine Vertreibung aller Araber nachgedacht wird, wäre das kein
       Vernichtungsplan und damit auch kein Völkermord, sondern ein
       Kriegsverbrechen.
       
       Der Terrorangriff vom 7. Oktober hat rund 1.400 Opfer gefordert,
       überwiegend Zivilist:innen. [3][Und zugleich steht in der Hamas-Charta],
       dass es nicht nur das Ziel ist, Palästina zu befreien, sondern auch „Juden“
       zu töten. In der Auslegung der Charta mag vieles umstritten sein, aber
       wenn eine Seite genozidale Tendenzen hat, dann ist es eher die Hamas als
       Israel.
       
       5 Nov 2023
       
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