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       # taz.de -- Die Wahrheit: Antisemitische Luft
       
       > „Das darf man ja heute nicht mehr sagen!“ ist keine
       > Alleinstellungsfloskel tumber Wutbürger, sondern auch Mantra jedes
       > aufrechten Israelkritikers …
       
   IMG Bild: Das Brandenburger Tor in Berlin am 85. Jahrestag der Pogrome vom November 1938
       
       Dass sich ausgerechnet die Klemmnazis der AfD über den importierten
       Antisemitismus so ereifern, wird oft als absurd wahrgenommen. Dabei ist es
       doch nur folgerichtig. Wer freut sich schon gerade bei einem seiner
       Markenkerne über noch mehr Konkurrenz, zumal der Markt ohnehin bereits so
       heiß umkämpft ist? Denn auch die aufgeregt nach links und Süden zeigenden
       Bürgerlichen von CDU/CSU und FDP müssen ja gut aufpassen, dabei nicht so
       vehement herumzufuchteln, dass man hinter ihnen versehentlich in den
       Einschlagkrater von Jürgen W. Möllemann oder den Tornister ihres
       Koalitionspartners Aiwanger blicken kann.
       
       Ungeachtet dessen allerdings zeigen sie schon auch auf die Richtigen.
       „Israelkritisch“ hat es inzwischen ja bereits zu einem eigenen
       Duden-Eintrag gebracht, anders als „russlandkritisch“, „chinakritisch“ oder
       „takatukalandkritisch“, von „deutschlandkritisch“ ganz zu schweigen. Wir
       dürfen gespannt sein, wann das Finanzamt „Israelkritiker“ endlich als
       Berufsbezeichnung anbietet, verdienen lässt sich damit jedenfalls
       offenkundig recht auskömmlich. Das Weltfinanzjudentum guckt schon ganz
       neidisch!
       
       Ein Bonus-Ärgernis am Rande ist es, dass die Linken dabei nicht nur die
       Inhalte, sondern auch die Rhetorik von rechts übernehmen. „Aber das darf
       man ja heute nicht mehr sagen!“ ist längst nicht mehr die
       Alleinstellungsfloskel tumber Wutbürger, sondern auch das Mantra jedes
       aufrechten Israelkritikers.
       
       Dabei kann man tatsächlich ganz problemlos so wie ich beispielsweise
       Netanjahu für einen gefährlichen Rechtspopulisten und die Siedlungspolitik
       im Westjordanland für grundfalsch halten, ohne dass deswegen irgendjemand
       mit der Antisemitismuskeule daherkommt – eine Waffe übrigens, deren
       Wirksamkeit angesichts der Lage in Deutschland und der Welt ganz
       offensichtlich gleich hinter durch die Luft flitschenden Weckgummis kommt.
       
       ## Naive Begeisterung für Exotisches
       
       Als ich vor 35 Jahren als interrailender Jugendlicher in einem
       internationalen Zeltlager kurz Freundschaft mit Nordafrikanern schloss, tat
       ich das wohl auch aus einer naiven Begeisterung für ihre mir exotisch
       erscheinende Herkunft. Und weil sie Bier dabeihatten, natürlich. Sie
       dagegen offenbarten mir nach zweien davon, dass sie mich ebenfalls wegen
       meiner Herkunft mochten: Die Deutschen hätten schließlich wenigstens mal
       was gegen die Juden getan!
       
       Auch bei meinen Reisen in Südamerika wurde ich oft aus zwei mir
       ausgesprochen lästigen Gründen besonders herzlich aufgenommen: weil die
       Deutschen im Fußball so gut und weil sie ja auch gegen die Juden seien.
       Aber auch das sind sicherlich nur Fälle wohlbegründeter Israelkritik. Das
       wird man ja wohl noch sagen dürfen!
       
       Als der UN-Generalsekretär António Guterres anmerkte, das Massaker der
       Hamas vom 7. Oktober habe „nicht im luftleeren Raum“ stattgefunden, hatte
       er zweifellos recht. Doch was diesen Raum füllt, hat einen einfachen Namen:
       Antisemitismus.
       
       10 Nov 2023
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heiko Werning
       
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