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       # taz.de -- Burkina Faso unter Militärherrschaft: Einberufung als Schikane
       
       > In Burkina Faso zieht die Militärregierung unliebsame Kritiker zum
       > Armeedienst an die Front ein. Auch den 64-jährigen Journalisten Issaka
       > Lingani.
       
   IMG Bild: Der Interimspräsident von Burkina Faso, Ibrahim Traore, bei einem Treffen mit Wladimir Putin
       
       Berlin taz | Issaka Lingani ist ein bekanntes Gesicht in Burkina Faso. Der
       Vorsitzende der „Vereinigung der französischsprachigen Presse“ in dem
       westafrikanischen Land tritt regelmäßig in der [1][sonntäglichen
       Polit-Talkshow „Presse Echos“ des TV-Senders BF1] auf und hat dort auch
       schon Militärherrscher Ibrahim Traoré interviewt. In der [2][Sendung am
       vergangenen Sonntag] hatte er zum Schluss eine persönliche Botschaft an die
       Zuschauer: „Ich bin eingezogen worden“, enthüllte er und gab bekannt, man
       werde ihn jetzt drei Monate lang nicht zu sehen bekommen.
       
       Der 64-jährige Journalist mit weißem Spitzbart sollte sich am Dienstag zum
       Training in der Militärbasis Kaya melden und danach ins Kriegsgebiet
       verlegt werden, [3][gab die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen
       (RSF) den Einberufungsbefehl wieder] und sprach von einer „fürchterlichen
       Methode, Journalisten zum Schweigen zu bringen“.
       
       Burkina Faso ist Bürgerkriegsland. Rund 40 Prozent des Staatsgebiets sind
       unter Kontrolle islamistischer Terrorgruppen, der Krieg mit ihnen hat seit
       2015 17.000 Tote gefordert und zwei Millionen Menschen in die Flucht
       getrieben. Um den Terror besser zu bekämpfen, stürzte Anfang 2022 das
       Militär die gewählte Regierung; nach acht Monaten gab es einen [4][zweiten
       Putsch].
       
       Im April 2023 beschloss die Militärregierung ein Dekret zur
       [5][Generalmobilmachung], das es unter anderem ermöglicht, alle tauglichen
       Männer über 18 Jahre offiziell zum Militärdienst einzuziehen.
       
       ## Proteste wurden verboten, dann folgten die Einberufungen
       
       Davon wurde zunächst kein Gebrauch gemacht – bis jetzt, im Zusammenhang mit
       dem 31. Oktober, an dem Burkina Faso den Sturz von Langzeitherrscher Blaise
       Compaoré bei einem Volksaufstand 2014 feiert.
       
       Für diesen 31. Oktober planten Gewerkschaften und Bürgerbewegungen Proteste
       gegen Einschränkungen der Bürgerrechte. Sie wurden verboten, und nun folge
       die „massive und gezielte Einberufung“ von Angehörigen der Protestgruppen
       „sowie von Journalisten, Meinungsführern und Politikern, die den aktuellen
       Umgang mit den Angelegenheiten des Landes kritisieren“, erklärte der
       Menschenrechtsverband MBDHP (Burkinische Bewegung zur Verteidigung der
       Menschen- und Völkerrechte). [6][Die Bürgerrechtsgruppe „Balai Citoyen“
       (Bürgerbesen)], die den Volksaufstand von 2014 angeführt hatte, warnte, die
       Regierung sei verantwortlich für das Schicksal der Eingezogenen.
       
       Militärherrscher Traoré versteht die Empörung nicht. „Die Freiheit des
       Einzelnen steht nicht über der der Nation“, [7][erklärte er am Montag] und
       nannte die Einberufungen eine „Ehre“. [8][Manche Kommentatoren] finden: Wer
       die Armee kritisiert, soll selber an die Front.
       
       9 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://bf1.tv/post/tv/shows/presse-echos_11/
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=mMMlffVuRpo
   DIR [3] https://rsf.org/en/two-critical-journalists-conscripted-burkina-faso-s-army-fight-terrorists
   DIR [4] /Machtwechsel-in-Burkina-Faso/!5888772
   DIR [5] /Wegen-dschihadistischer-Angriffe/!5928089
   DIR [6] https://twitter.com/BalaiCitoyen/status/1721525181204562030
   DIR [7] https://lefaso.net/spip.php?article125521
   DIR [8] https://twitter.com/marcus_herve/status/1722061307073966456
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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