# taz.de -- Neue Studie von UN-Organisation: Versteckte Kosten der Ernährung
> 300 Milliarden Dollar: Soviel kosten laut einer Studie Übergewicht,
> Überdüngung, Klimagase und andere Folgen unserer Ernährung Deutschland
> pro Jahr.
IMG Bild: Der Versuch, Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker oder Salz einzuschränken, wird blockiert
Berlin taz | Das Ernährungs- und Landwirtschaftssystem in Deutschland
verursacht einer [1][neuen Studie] zufolge „versteckte Kosten“ in Höhe von
ungefähr 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Zum Beispiel durch Übergewicht
bedingte Krankheiten, durch zu viel Stickstoffdünger verschmutztes
Grundwasser und durch Treibhausgase aus der Tierhaltung bedingte
Klimafolgen hätten 2020 Schäden im Wert von 7 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts zur Folge gehabt, heißt es in dem am Montag von der
UN-Organisation für [2][Landwirtschaft] und Ernährung FAO veröffentlichten
Bericht. Weltweit liege der Betrag bei mindestens 10 Billionen Dollar und
fast 10 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Die Studie über Schäden an Umwelt und Bevölkerung könnte die Debatte über
strengere Gesetze für die Land- und Ernährungswirtschaft befeuern. Die FAO
nannte als Hebel, die Regierungen ansetzen könnten, zum Beispiel Steuern,
Subventionen und Regulierung. In Deutschland etwa hat
Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) vorgeschlagen, die Werbung für
Lebensmittel mit viel Fett, Zucker und/oder Salz einzuschränken, was der
Koalitionspartner FDP aber bislang verhindert. „Ich hoffe, dass dieser
Bericht allen Partnern – von politischen Entscheidungsträgern und Akteuren
des Privatsektors bis hin zu Forschern und Verbrauchern – als Aufruf zum
Handeln dient“, sagte FAO-Generaldirektor Qu Dongyu. Die Schätzungen würden
bestätigt durch frühere Studien mit ähnlichen Ergebnissen. Mithilfe des
UN-Berichts ließen sich die Kosten erstmals auf Länderebene vergleichen.
Die AutorInnen schätzen, dass die mit Abstand größten versteckten Kosten –
global mehr als 70 Prozent – durch ungesunde Ernährung mit einem hohen
Anteil an stark verarbeiteten Lebensmitteln, Fett und Zucker verursacht
werden. Denn so eine Ernährungsweise führe zu Fettleibigkeit und zu nicht
übertragbaren Krankheiten wie Diabetes und damit zu Verlusten bei der
Arbeitsproduktivität. „Diese Verluste sind in Ländern mit hohem und oberem
mittlerem Einkommen besonders hoch“, so die Studie.
In Deutschland würden sie knapp 91 Prozent der gesamten Kosten betragen.
Der Rest wurde laut den Angaben beinahe ausschließlich durch
Umweltbelastungen verursacht, vor allem durch Stickstoffemissionen, aber
auch durch Treibhausgase und indem artenreicheres Land umgebrochen wird,
beispielsweise zu Äckern.
Die Kosten könnten den AutorInnen zufolge in Wirklichkeit sogar noch höher
sein. Denn der Bericht konzentriert sich wegen teils fehlender Daten auf
die „konservativeren“ Schätzungen.
Die Umweltorganisation WWF Deutschland forderte Konsequenzen aus dem
Report. „Im ersten Schritt sollte die Bundesregierung umgehend die
Mehrwertsteuer auf gesunde und nachhaltige Lebensmittel wie Obst, Gemüse
und Hülsenfrüchte streichen“, sagte Tanja Plötz, WWF-Expertin für
nachhaltige internationale Ernährungssysteme. Nötig sei auch eine
Nachhaltigkeitssteuer für Nahrungsmittel. Außerdem solle Özdemir die
vorgeschlagenen Werbeverbote für ungesundes Essen durchsetzen.
Der Lebensmittelverband, der alle Bereiche der deutschen
Nahrungsmittelwirtschaft vertritt, wollte sich zunächst nicht zu der Studie
äußern. Der Bauernverband teilte auf taz-Anfrage mit: „Die deutsche
Landwirtschaft ist beim Klimaschutz auf dem richtigen Weg.“
6 Nov 2023
## LINKS
DIR [1] https://doi.org/10.4060/cc7724en%20
DIR [2] /Landwirtschaft/!t5007831
## AUTOREN
DIR Jost Maurin
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