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       # taz.de -- Fridays for Future plant Volksinitiative: Hamburgs Klimagesetz Beine machen
       
       > Die Hamburger Ortsgruppe von Fridays for Future will die Stadt zum
       > schärferen Klimaschutz zwingen. Dafür soll ab Januar eine Volksinitiative
       > starten.
       
   IMG Bild: Wollen jetzt selber was tun: Hamburger Ortsgruppe von Fridays for Future
       
       Hamburg taz | Wenn im Januar Hamburgs verschärftes Klimaschutzgesetz in
       Kraft treten soll, wollen Klimaaktivist:innen um Fridays For Future
       (FFF) zeitgleich Unterschriften sammeln, um diese Gesetzesnovelle
       schnellstmöglich zu Fall zu bringen: Die Hamburger Ortsgruppe plant eine
       Volksinitiative, [1][die Hamburg schon früher als geplant zur
       Klimaneutralität verpflichtet.] 
       
       „Das Hamburger Klimaschutzgesetz reicht nicht aus“, sagt FFF-Sprecherin Lou
       Töllner. Nach dem Willen von FFF sollen die Hamburger:innen 2025,
       zeitgleich zur Bundestagswahl, über einen verschärften Gesetzesvorschlag
       abstimmen.
       
       So soll sich Hamburg das Ziel setzen, fünf Jahre früher als anvisiert, also
       schon 2040, klimaneutral zu sein. „Das Problem sind aber gar nicht primär
       die Ziele“, sagt Töllner. „Wir wollen mit der Volksinitiative Klimaschutz
       verbindlich machen.“ Deshalb wollen die Klimaaktivist:innen, dass das
       Klimaschutzgesetz des rot-grünen Senats um verpflichtende jährliche
       Zwischenziele in den CO2-emittierenden Sektoren Verkehr, Industrie, Private
       Haushalte und Gewerbe/Handel/Dienstleistungen ergänzt wird.
       
       Das fordern Umwelt- und Klimaschutzorganisationen schon seit Monaten, denn
       sonst wisse ja niemand, ob Hamburg seinen CO2-Reduktionszielen näher kommt.
       „Wenn Senator*innen ihre Ziele reißen, müssen sie Vorschläge machen, um
       die Lücke zu schließen“, sagt Töllner. So könne Klimaschutz nicht weiter
       verzögert werden.
       
       ## Klimaschutz mit sozialem Ausgleich
       
       Mit der „Volksinitiative Zukunftsentscheid“ sollen in Hamburg „stärkere,
       verbindlichere und sozial verträgliche Anstrengungen zum Klimaschutz“
       ermöglicht werden. Besonders letzteres sieht FFF durch die Novelle des
       Klimaschutzgesetzes nicht gesichert. „Aktuell wird zwar die
       Sozialverträglichkeit geprüft, aber muss nicht vom Senat berücksichtigt
       werden“, sagt Töllner. „Mit dem Zukunftsentscheid wollen wir dazu
       verpflichten, Ausgleichsmechanismen zu schaffen und damit sozial gerechten
       Klimaschutz voranzubringen.“
       
       Im Frühjahr hatte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) [2][die verschärften
       Ziele des Senats bekannt gegeben:] Bis 2030 will er den CO2-Ausstoß
       gegenüber 1990 um 70 Prozent drücken, 2045 soll Hamburg klimaneutral sein.
       Im August stellte Kerstan dann auch vor, wie das gelingen soll: Der
       Klimaplan, der die Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele auflistet, beinhaltet
       erstmals etwa eine Photovoltaikpflicht für Bestandsgebäude, eine um 50
       Prozent steigende energetische Sanierungsrate bei Gebäuden oder auch den
       bereits angestoßenen Kohleausstieg bei der städtischen Fernwärmeversorgung.
       
       Nach mehreren Ausschusssitzungen in der Bürgerschaft ist aber klar, dass
       diese Maßnahmen nicht ausreichen werden. Selbst der zuständige Staatsrat
       räumte ein, [3][dass sich Hamburg mit seinen Maßnahmen nicht mehr am
       1,5-Grad-Ziel orientiert,] sondern auf die Einhaltung des 1,75-Grad-Ziels
       hofft – und auch das nur mit 67-prozentiger Wahrscheinlichkeit. Damit sei
       Hamburg allerdings immer noch deutlich zielstrebiger als der Bund und
       andere Bundesländer.
       
       Die Volksinitiative hat sich zum Ziel gesetzt, schon im Herbst 2025 –
       parallel zur Bundestagswahl – die Hamburger:innen abstimmen zu lassen.
       Auf dem Weg dorthin müsste die Ini im ersten Schritt 10.000 Unterschriften
       sammeln. Sollte die Bürgerschaft nicht für den vorgelegten Gesetzesentwurf
       stimmen, könnten die Aktivist:innen im nächsten Schritt ein
       Volksbegehren starten – dafür brauchen sie rund 65.000 Unterschriften
       innerhalb von drei Wochen. Wenn auch dann die Bürgerschaft der Initiative
       nicht folgen will, könnte es zum Volksentscheid kommen.
       
       ## Grüne zeigen sich offen für Vorschläge
       
       Die Reaktionen auf den Vorstoß von FFF sind positiv: Umweltorganisationen
       wie der BUND wollen ebenfalls noch eine Verschärfung des Gesetzes
       erreichen. „Wir unterstützen daher die Volksinitiative“, sagt Lotta
       Repenning vom BUND Hamburg. Die Gewerkschaft Ver.di schließt sich den
       Forderungen der Initiative ebenfalls an: „Wir unterstützen die Forderung
       nach konkreten Einsparplänen für die einzelnen Sektoren und die gesetzliche
       Verpflichtung zur Sozialverträglichkeit von Maßnahmen“, sagt Sandra
       Goldschmidt, Landesbezirksleiterin von Ver.di Hamburg.
       
       Auch die mitregierenden Grünen halten die Volksinitiative für einen
       „interessanten Impuls“ über den diskutiert werden müsse: „Wir Grüne
       befürworten Transparenz und Verbindlichkeit bei der Erreichung von
       Klimazielen, kombiniert mit einer umfassenden Sozialverträglichkeit“, sagt
       Dominik Lorenzen, Fraktionschef der Grünen in der Bürgerschaft.
       
       Die zuständige Umweltbehörde zeigt sich zwar zurückhaltend, aber nicht
       sonderlich ablehnend den Forderungen gegenüber: „Im vorgelegten
       Gesetzestext der Volksinitiative sind Punkte enthalten, die auch im Senat
       diskutiert wurden“, sagt eine Sprecherin auf Anfrage. Für eine
       abschließende Bewertung sei es aber noch zu früh.
       
       Dabei hatte Umweltsenator Kerstan schon in der Vergangenheit erklärt, dass
       auch er gerne weiterreichende Maßnahmen beschlossen hätte – nur seien die
       in der Koalition nicht durchsetzbar gewesen.
       
       Allerdings kommen nun immerhin schon von den Jusos positive Reaktionen auf
       den Vorstoß von FFF: „Die Klimakrise ist eines der entscheidendsten Themen
       für junge Menschen und zukünftige Generationen. Klimaschutz und dessen
       soziale Auswirkungen werden dabei aber häufig gegeneinander ausgespielt
       oder gar nicht erst zusammen gedacht“, erklärten etwa die beiden
       Juso-Vorsitzenden im Bezirk Hamburg-Nord. „Wir begrüßen daher jede
       Initiative, die den Anspruch stellt, beides wirksam zu vereinen.“
       
       7 Nov 2023
       
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