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       # taz.de -- Nachruf auf Golfansager Ivor Robson: Die Stimme des Golfsports
       
       > 41 Jahre lang hat Ivor Robson bei den British Open die Ansagen gemacht.
       > So richtig gekannt hat ihn dennoch kaum jemand. Nun ist er gestorben.
       
   IMG Bild: Immer auf der Höhe der Zeit: Ivor Robson am Sprecherpult
       
       Im deutschen Fernsehen gab es lange sehr wichtige Ansager und vor allem
       Ansagerinnen, etwa [1][Irene Koss] oder [2][Mady Riehl], die „lebendigen
       Visitenkarten“ der jungen Sender. Sie kündigten in großer Sachlichkeit
       nichts als nachfolgende Sendungen an. Manche hatten Kultstatus, ohne dass
       man heute recht sagen könnte, warum. Weil sie halt eine Konstante waren.
       Und weil sie eben unfallfrei mitteilen konnten, ob jetzt die Freakshow
       „Aktenzeichen XY“ kommt oder [3][Werner Höfers „Internationaler
       Frühschoppen“] mit sechs Journalisten aus sieben oder heute sogar acht
       Ländern.
       
       Im deutschen Sport hatte [4][Joachim Fuchsberger selig] als Sprecher im
       Olympiastadion von München 1972 eine Sonderrolle: diese freundliche und
       friedlich neutrale Sprache, die es schaffte, das Kürzel DDR ohne
       Anführungszeichen klingen zu lassen. Ansonsten gibt es Stadionsprecher im
       Fußball (heute vielmals Stadionschreihälse), von denen [5][der dezente
       Robert Moonen] bei Alemannia Aachen gerade in seiner 52. Saison unterwegs
       und wahrscheinlich Weltrekordhalter ist.
       
       Im Golf gab es 41 lange Jahre lang auch einen ganz besonderen Ansager: Ivor
       Robson. Der sagte [6][vor den Open], wie [7][die British Open] mit allem
       insularen Understatement bis heute heißen, an einem Stehpult am ersten
       Abschlag die Spieler an.
       
       Mit ungewöhnlicher Modulation, diese aber in immer gleichem Timbre und mit
       immer gleichen Worten. „This is game number six. On the tee from Germany,
       Börnhard Längr.“ Vorname gern ungewöhnlich hoch, Nachname sachlich tiefer
       hinterher. Dies und nichts anderes. Applaus, Abschlag, der Nächste bitte:
       „On the tee from Northern Ireland …“ Den ganzen Tag lang, same procedure,
       Open um Open. Dinner for One am Golfplatz.
       
       ## Warmherzige Nachrufe
       
       Jetzt ist der Mann gestorben, mit 83 Jahren. Die Briten sind untröstlich,
       überall setzt es warmherzige Nachrufe. Aufgehört hatte Ivor Robson erst
       2015. Viele haben versucht ihn zu imitieren, auch Spieler scherzhaft. Die
       Times schrieb jetzt: „Für einen Mann, der so oft nachgemacht wurde, war
       Ivor Robson tatsächlich unnachahmlich.“ Angeblich hat er mit der seiner
       warmen Stimme genau 18.995 Profis angesagt.
       
       Robson war im fortgeschrittenen Alter ein ebenso weißhaariger Mann mit
       strengem Seitenscheitel, wie es auch der legendäre Fußballtrainer Bobby
       Robson war (verstorben 2009), der immerhin acht Jahre lang auch die Three
       Lions von Misserfolg zu Misserfolg coachen durfte. Ein wenig muss der Name
       Robson eine Rolle spielen: Beide Robsons waren immer von ausgewählt
       freundlicher Noblesse, jovial britisch, höflich, zugewandt.
       
       Ivor, der Golf-Robson mit immer ein wenig charmant-insularem Gesterngehabe,
       trug immer dunkelgrünes Jackett, den Windsor-Schlips wie angewachsen,
       perfekt verknotet und sprach pflichtgemäß mit leicht steifer Oberlippe. „On
       the tee …“ Für alle war es ein Privileg, von ihm genannt zu werden, ob
       mehrfacher Major-Sieger oder nervöser Qualifyer von 20 jungen Jahren.
       
       Warum Ivor Robson war, wie er war, weiß niemand so recht. Eines Tages,
       1975, war er nach einem Vorsprechen bei den Open einfach da und blieb. Er
       sprach alle Namen stets garantiert fehlerfrei, packte seine Sachen und fuhr
       wieder in sein südschottisches Domizil ins Dorf Moffat. Über sein
       Privatleben haben auch die tabloids nie groß etwas herausgefunden.
       Interviews gab er fast nie. Sein genaues Geburtsdatum: unbekannt. Immerhin
       gilt Geburtsland England als gesichert. Manche behaupten, er sei mit einer
       Lesley verheiratet gewesen.
       
       Der Letztangesagte bei den Open war 2015 in St. Andrews der Ire Paul Dunne,
       ein historischer Adelsschlag für ihn. Ja, und warum eigentlich nicht von
       Sir Ivor Robson? Namensvetter Sir Bobby Robson war auch ehrengetitelt
       worden. Also bitte: Seine Majestät King Charles III. sollte unbedingt
       posthum tätig werden bei der verstorbenen Visitenkarte der Open: „Late on
       the agenda from Southern Scotland Sir Ivor Robson.“
       
       26 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rueckkehr-der-Programmansager/!5182095
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   DIR [4] /Nachruf-auf-Joachim-Fuchsberger/!5033453
   DIR [5] /Stadionsprecher-ueber-50-Jahre-im-Job/!5895011
   DIR [6] https://www.theopen.com/
   DIR [7] /Golf-Opa-deklassiert-den-Nachwuchs/!5159500
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Müllender
       
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