URI: 
       # taz.de -- Konzerttipps für Berlin: Widerstand und Mystik
       
       > Improvisation im Zeichen der Freiheit, verbotene Musik und eine Hommage
       > an die Popikone Nico stehen diese Woche auf dem Programm.
       
   IMG Bild: Sängerin und Songpoetin Anika
       
       Beim Stichwort Iran fällt es dieser Tage schwer, nicht sofort an die
       Unterstützung der Hamas durch das Mullah-Regime zu denken. Dass es dort
       seit vergangenem Jahr eine große Protestbewegung gibt, sollte man darüber
       nicht eigens in Erinnerung rufen müssen. Schaden kann es andererseits
       nicht. Etwa auf dem Weg, dass man zum Ausdruck bringt, welche Möglichkeiten
       diese geforderten Freiheiten bieten.
       
       Am Freitag soll das im Konzert „Cut Your Hair“ im [1][ZAK – Zentrum für
       Aktuelle Kunst] bei der Zitadelle Spandau geschehen. Die iranische
       Komponistin Sara Abazari und die Cellistin Ulrike Brand haben ein Konzept
       entwickelt, dass sowohl persische als auch europäische Traditionen des
       Improvisierens und Komponierens verbindet. Von insgesamt sieben iranischen
       Komponistinnen wird Musik zu hören sein, die transkulturelle Kombinationen
       erkundet. Das Publikum kann zwischen den im Raum verteilten Musikern frei
       hin und her gehen (27. 10., 18.30 Uhr, Eintritt frei).
       
       Auf den ersten Blick esoterisch könnte hingegen das für Sonnabend
       angekündigte Konzert im KM28 klingen. In der Reihe „Harmonic Space“ spielt
       das [2][Harmonic Space Orchestra] auf, im Angebot sind Werke von Marc
       Sabat, Thomas Nicholson und Catherine Lamb. Doch geht es weniger ins
       Weltall hinaus als vielmehr hinein in den harmonischen Raum, der mit
       alternativen Stimmungen durchmessen wird.
       
       Mikrotonal heißt diese Musik, für die sich insbesondere Streichinstrumente
       und Posaunen anbieten, um die Tonhöhe frei wählen zu können. Die
       Komponisten sind als Interpreten selbst vertreten, Marc Sabat an der Geige,
       Thomas Nicholson an Bratsche und „secondary rainbow“ Synthesizer, Catherine
       Lamb spielt ebenfalls Bratsche. Eine Vierteltonflöte (Rebecca Lane) kommt
       auch zum Einsatz ([3][KM28], 28. 10., 20 Uhr).
       
       Mutmaßlich martialisch wird es am Mittwoch im Maxim Gorki Theater. Die
       slowenische Konzeptkunst-Band Laibach gibt sich die Ehre und erinnert an
       ihre eigenen Anfänge, die unter dem Zeichen politischer Unterdrückung
       standen. „We Forge the Future“ nannte sich eine Performance von ihnen in
       Zagreb vor 40 Jahren, nach der es so heftige öffentliche und mediale
       Reaktionen gab, dass die Band für vier Jahre verboten wurde.
       
       Bei ihrem Konzert spielen sie jetzt ein Programm von 1980, dem Jahr ihrer
       Gründung, als sie eine multimediale Performance planten, die jedoch
       verboten wurde. Die Musik von damals ergänzen sie um neues Material. Ein
       besonderes Ereignis, nicht ganz billig ([4][Maxim Gorki Theater], 1. 11.,
       20 Uhr, [5][Tickets gibt es für 80 Euro]).
       
       Noch weiter zurück in der Popgeschichte geht am Donnerstag das
       Solistenensemble Kaleidoskop im Silent Green. Gemeinsam mit der Sängerin
       und Musikerin Anika präsentieren sie „Desertshore“. Wer bei dem Titel an
       ein Album der Popikone Nico denkt, liegt richtig. Genau dessen Songs führen
       sie in neuer Bearbeitung vor, geben den mystischen Themen der Platte, die
       für einiges Rätselraten sorgten, einen kammermusikalischen Rahmen.
       
       Und dann zu etwas völlig anderem: Am selben Abend spielt das Ensemble auch
       „Präludien und Fuge für 13 Streicher“ des polnischen Komponisten Witold
       Lutosławski. Neben dem Umstand, dass beides Musik ist, eint sie das Jahr
       der Veröffentlichung: 1970 ([6][Silent Green], 2. 11., 20 Uhr, [7][Tickets
       gibt es für 26,64 Euro]).
       
       27 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.zitadelle-berlin.de/zentrum-fuer-aktuelle-kunst/
   DIR [2] https://www.harmonicspace.org/
   DIR [3] https://www.km28.de/
   DIR [4] https://www.gorki.de/de/konzert-laibach/2023-11-01-2000
   DIR [5] https://tickets.gorki.de/eventim.webshop/webticket/seatmap?eventId=12288
   DIR [6] https://www.silent-green.net/programm/detail/2023/11/2/solistenensemble-kaleidoskop-anika-present-nico-desertshore
   DIR [7] https://www.eventbrite.de/e/solistenensemble-kaleidoskop-anika-present-nico-desertshore-tickets-681133297027?aff=oddtdtcreator
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tim Caspar Boehme
       
       ## TAGS
       
   DIR taz Plan
   DIR Sound der Stadt
   DIR Neue Musik
   DIR Experimentelle Musik
   DIR taz Plan
   DIR Reggae
   DIR taz Plan
   DIR wochentaz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Konzertempfehlungen für Berlin: Musik vom Ende der Zeit
       
       Am ersten November-Wochenende konkurrieren mehrere Festivals um ihr
       Publikum. Und Mary Ocher arbeitet sich gewohnt exzentrisch am Zustand der
       Welt ab.
       
   DIR Soloalbum-Debüt von Don Letts: Selbstzufriedenheit in Dub
       
       Don Letts ist als DJ und Filmemacher einer der Pioniere der Londoner
       Punkszene. Mit 67 veröffentlicht er nun „Outta Sync“, sein Solodebüt.
       
   DIR Neue Musik aus Berlin: Schwingen statt zittern
       
       Für ihr Album „Solo“ spielte Isabelle Faust Kompositionen von
       Geigenvirtuosen wie Louis-Gabriel Guillemain ein. Ein Hörerlebnis von
       feiner Spannung.
       
   DIR Film „Music for Black Pigeons“: Für schwarze Tauben spielen
       
       Der Dokumentarfilm „Music for Black Pigeons“ porträtiert den dänischen
       Gitarristen Jakob Bro. Zugleich ist er Meditation über das Musikmachen.