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       # taz.de -- Kaum Fortschritte bei Antarktisschutz: Meeresschutz bleibt Zukunftsmusik
       
       > Eisschmelze und Überfischung: die Antarktis ist in Gefahr. Aber die
       > zuständige Kommission einigt sich nicht auf die Einrichtung neuer
       > Meeresschutzgebiete.
       
   IMG Bild: Krill: Die winzigen Krebstiere sind sie für das fragile Ökosystem der Antarktis extrem wichtig
       
       Hobart dpa/afp | Die Hiobsbotschaften zum Zustand der Antarktis reißen
       nicht ab. Das Meereis schmilzt rasant, die Fischbestände sind massiv
       überbeansprucht, kürzlich wurde die Vogelgrippe nachgewiesen. Das gesamte,
       für die Erde so wichtige Ökosystem des Südpolarmeeres gilt als bedroht.
       
       Aber zur Jahrestagung im australischen Hobart haben die zuständigen
       Regierungen zum Schutz der antarktischen Meeresfauna und –flora die Chance
       eines Durchbruchs verpasst. Die von Umweltexperten dringend geforderte
       Ausweisung wichtiger Meeresschutzgebiete bleibt Zukunftsmusik. Das
       berichten Teilnehmer zum [1][Abschluss des Treffens der Kommission zur
       Erhaltung der lebenden Meeresschätze in der Antarktis] (CCAMLR) am Freitag.
       
       „Es fühlt sich an, als ob wir beim Schutz des Südpolarmeeres einen Schritt
       vor und zwei zurück machen“, sagte Claire Christian von der Antarctic and
       Southern Ocean Coalition. „Es ist zwar ein gewisser Trost, dass wichtige
       Schutzmaßnahmen nicht zurückgenommen wurden, aber das ständige Festhalten
       am Status quo durch CCAMLR bleibt hinter den dringenden Entscheidungen, die
       für die Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise erforderlich sind,
       zurück.“
       
       Bei der Konferenz geht es speziell um ein Netzwerk aus drei großen
       Meeresschutzgebieten in der Ostantarktis, [2][im Weddellmeer] und in den
       Gewässern der Antarktischen Halbinsel. Die Durchsetzung ihres Schutzes
       scheitert seit Jahren am Widerstand von Russland und China – denn alle
       Entscheidungen von CCAMLR müssen einstimmig ausfallen.
       
       ## Kleinkrebse sind Klimahelden
       
       Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte China und
       Russland für ihre Blockade bei der Einrichtung neuer Meeresschutzgebiete in
       der Antarktis. Die anhaltende Blockade beider Länder verdeutliche einmal
       mehr, dass Russland „als konstruktiver Partner in der globalen
       Zusammenarbeit längst abgeschrieben“ sei, sagte Özdemir am Freitag. Und
       auch China gebe „der Nutzung der schützenswerten Ressourcen in der
       Antarktis den Vorzug vor wissenschaftlichen Argumenten“, monierte Özdemir.
       
       Immerhin, Beobachter der Tagung sprechen von „kleinen Schritten in die
       richtige Richtung“. So hätten sich die Teilnehmer auf ein Treffen zur
       Verbesserung des Krill-Fischereimanagements 2024 geeinigt. Die winzigen
       Krebstiere sind sie für das fragile Ökosystem der Antarktis mit [3][Tieren
       wie Walen] und Pinguinen extrem wichtig. Laut einer Studie des WWF sind die
       Tierchen wahre Klimahelden. Die riesigen Schwärme versenken jährlich bis zu
       23 Millionen Tonnen Kohlendioxid in der Tiefsee.
       
       Krill wird massenhaft gefangen, um daraus Öl, Fisch- und anderes Tierfutter
       zu machen. Von 2007 bis 2022 ist die Krill-Fischerei laut einer
       CCAMLR-Statistik von knapp 105 000 Tonnen auf mehr als 415 000 Tonnen
       angestiegen. Grund sind die größeren und moderneren Schiffe.
       
       ## Gipfeltreffen für die Eisregionen
       
       Umsetzungsvorschläge für ein aktualisiertes, ökosystembasiertes
       Krill-Fischereimanagements sollen im Juli bei einem Sympsium besprochen
       werden. Weiterer Punkt auf der Tagesordnung: Die Ausweisung eines
       Meeresschutzgebietes rund um die Antarktische Halbinsel. Während dieses
       Ergebnis Hoffnung gebe, sei der Mangel an Maßnahmen zur Ausweisung eines
       ganzen Netzes an Meeresschutzgebieten enttäuschend, sagte Andrea Kavanagh
       vom Pew Bertarelli Ocean Legacy Project.
       
       Ab dem 8. November findet in Paris der One Planet – Polar Summit statt, bei
       dem Forscher und Politiker gemeinsame Maßnahmen zum Schutz der Eisregionen
       des Planeten vereinbaren wollen. „Ich hoffe sehr, dass dieser Gipfel eine
       Ära beschleunigter Schutzmaßnahmen einleitet“, sagte Claire Christian von
       der Antarctic and Southern Ocean Coalition.
       
       27 Oct 2023
       
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