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       # taz.de -- Streitbarer Fußballklub: Nervende Nazigegner
       
       > Athletic Sonnenberg aus Chemnitz wird mit dem Julius-Hirsch-Preis des DFB
       > ausgezeichnet. Im zuständigen Kreisverband gibt es Kritik an dem Klub.
       
   IMG Bild: „Größtes Sorgenkind“: Fans von Sonnenberg
       
       Die Vertreter von Athletic Sonnenberg müssen nur weit genug reisen, dann
       ist ihnen Anerkennung für ihre Arbeit gewiss. In Berlin erhält der
       Chemnitzer Klub gemeinsam mit einem anderen Verein aus der Stadt vom
       Deutschen Fußball-Bund am Montag den Julius-Hirsch-Preis überreicht.
       [1][Gepriesen wurde Athletic vorab schon für sein „herausragendes
       Engagement“], seinen Einsatz für Diversität und Antidiskriminierung.
       
       Harald Scheffler, der Vorsitzende des Fußball-Kreisverbandes Chemnitz,
       hingegen erklärt: „Im Moment ist Athletic Sonnenberg unser größtes
       Sorgenkind.“ Grund für die Anfrage der taz ist ein merkwürdiger Vorgang aus
       der vergangenen Saison. Am 13. Mai, am Vatertag, sollte der heutige
       Kreisoberligist gegen den BSC Rapid Chemnitz 3 spielen. Der Post auf Social
       Media „Fußball für alle – Nazis raus“ führte jedoch zur Spielabsage, wie
       Scheffler bestätigt. „Das war eine Provokation gegenüber Rapid Chemnitz.“
       Die aktive Fanszene von Athletic hatte ihn vor der Partie mit der
       Aufforderung „Kommt bunt und laut“ abgesetzt. Zudem kündigte die Antifa aus
       Leipzig ihr Kommen an. Am Himmelfahrtstag. Aus Sorge vor
       Auseinandersetzungen im Wohngebiet habe man die Begegnung abgesagt.
       
       Der Nachholtermin wurde für den 9. Juni angesetzt. Doch wieder starteten
       die Athletic-Fans einen ähnlichen Aufruf, verbunden mit der Bitte um
       zahlreiches Erscheinen. Erneut sagte der Kreisverband die Partie ab und
       wertete sie als torloses Remis. Die beteiligten Teams erklärten sich damit
       einverstanden.
       
       Die kollektive Hilflosigkeit wurde also statistisch mit einer Punkteteilung
       geschönt. Leider, bedauert Scheffler, habe es in letzter Zeit erneut
       Aktionen bei Athletic Sonnenberg gegeben, „wo wieder gegen Nazis und für
       Politik im Sport geworben wurde“. Die besondere Brisanz der Partie gegen
       den BSC Rapid Chemnitz 3 kann sich Scheffler durchaus erklären. Dort
       spielten die Haller-Brüder, erzählt er. [2][Deren mittlerweile verstorbener
       Vater Thomas Haller] gründete einst die Gruppierung „Hooligans Nazis
       Rassisten“ (HooNaRa) und prägte die Fanszene beim Chemnitzer FC. In der
       Naziszene war er weit über Chemnitz hinaus bekannt. Sein Name tauchte in
       den NSU-Ermittlungen auf.
       
       ## Immer Ärger mit Athletic
       
       Doch es geht nicht um Sippenhaft. Auch andere Spieler bei Rapid, weiß
       Scheffler, hätten vom Kopf bis zu den Füßen Tattoos und „solche Abzeichen“
       auf den Beinen. Für den 74-jährigen Funktionär rechtfertigt das aber nicht
       das Verhalten der Athletic-Anhänger: „Was die Spieler außerhalb des
       Fußballplatzes machen, geht uns nichts an.“ Rapid Chemnitz hätte sich in
       den vergangenen Jahren nichts zuschulden kommen lassen.
       
       Ganz anders verhält sich das aus seiner Sicht mit Athletic Sonnenberg. Ihr
       überdurchschnittlich großer Anhang hinterließe bei den Gastspielen viel
       Müll. Eckfahnen und andere Gegenstände würden geklaut werden. Einige würden
       in die Nachbargärten urinieren. Es gebe Vereine, die den Athletic-Fans den
       Eintritt auf ihr Gelände verweigern. Außerdem würde der Klub zu wenig
       Schiedsrichter stellen und könnte noch immer keine feste Spielstätte
       vorweisen. All das sei aber Voraussetzung, um am Spielbetrieb teilzunehmen.
       
       Cornelius Huster, der Vorstandsvorsitzende von Athletic Sonnenberg, kennt
       die Vorwürfe und ist offenbar geübt in Gelassenheit. Er verweist darauf,
       dass der Verein erst seit knapp drei Jahren besteht. Die Remiswertung sei
       vermutlich eine „Entscheidung aus Bequemlichkeit“. Es sei ja nicht so, dass
       im Kreisverband Rechtsextreme die Fäden ziehen würden: „Die bekommen
       Schnappatmung, wenn sie wegen uns mehr Arbeit haben.“ Die wollten ihre Ruhe
       haben, und es gehe ihnen nicht um Inhalte.
       
       Harald Scheffler selbst begrüßt, dass Athletic Sonnenberg sich im sozialen
       Bereich engagiert, aber das würden viele andere Vereine im Kreis seit
       vielen Jahren machen. Ihn verärgert, dass der DFB vor der Preisvergabe
       nicht zum Kreisverband Kontakt aufgenommen hat. Dann hätte er denen
       erzählen können, so sagt er, was das eigentlich für ein Verein sei. Eine
       Verbindung zwischen diesen beiden Welten scheint sinnvoll. Der DFB hätte
       ein Bewusstsein vor Ort fördern können, warum die Arbeit von Athletic
       Sonnenberg, die sich auch gegen Rechtsextremismus in Chemnitz richtet,
       bedeutsam ist.
       
       12 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
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