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       # taz.de -- Kindergrundsicherung im Ausschuss: Zu wenig Geld und zu wenig Zeit
       
       > Sozialverbände und Kommunen kritisieren den Entwurf zur
       > Kindergrundsicherung. Er habe wenig Effekt, aber verursache
       > bürokratischen Aufwand.
       
   IMG Bild: Für ein bisschen mehr Unbeschwertheit: Kinder müssen unterstützt werden
       
       Berlin taz | Der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung ist unzureichend
       und muss nachjustiert werden. Darin waren sich am Montag die
       Sachverständigen aus Sozialverbänden und Kommunalvertretungen in der
       Anhörung zur Einführung einer Kindergrundsicherung im Familienausschuss
       einig. Zwar begrüßen die Verbände grundsätzlich das Vorhaben, doch auf
       Kritik stößt vor allem die Höhe der Leistung.
       
       Die Kindergrundsicherung müsse deutlich mehr sein, als eine
       Verwaltungsänderung, sagt Andreas Ast vom Paritätischen Gesamtverband. Denn
       sie bündele zwar Leistungen, die Höhe selbst bleibe aber unverändert.
       „[1][Arme Kinder bleiben arm]“, sagt Ast. Das Existenzminimum müsse erhöht
       werden, fordern daher der Sozialverband VdK, der Paritätische und die
       Arbeiterwohlfahrt.
       
       Auf Widerstand stößt vor allem der [2][FDP-Vorstoß, Erwerbsanreize setzen
       zu müssen]. Dies sollte nicht über die Kinder geschehen, sondern auf dem
       Arbeitsmarkt, sagt Alexander Nöhring von der Arbeiterwohlfahrt. Eine
       Kindergrundsicherung brauche eine gute finanzielle Ausstattung, fordert
       VdK-Chefin Verena Bentele und setzt auf die Bereinigungssitzung zum
       Haushalt.
       
       Zudem sei es wichtig sicherzustellen, dass die berechtigten Personen sich
       künftig wirklich nur an eine Stelle wenden müssten. AWO-Vertreter Alexander
       Nöhring nannte es „fatal“, dass Kinder von Asylbewerberinnen und -bewerbern
       keine Kindergrundsicherung bekommen sollen.
       
       ## Höher bürokratischer Aufwand
       
       Neben den Finanzen kritisieren die Kommunalvertreter*innen vor allem
       den hohen bürokratischen Aufwand, die Kindergrundsicherung auf den Weg zu
       bringen. Auch der Zeitplan steht auf der Kippe.
       
       Für die Bundesagentur für Arbeit sei die Umsetzung der Kindergrundsicherung
       zum geplanten Einführungstermin am 1. Januar 2025 „nicht realisierbar“, so
       Vanessa Ahuja. „Wir können die Aufgabe stemmen, brauchen aber Zeit“, sagt
       sie. Stattdessen plädiert Ahuja für eine schrittweise Einführung ab dem 1.
       Juli 2025. Das habe vor allem mit der IT-Infrastruktur, dem Personalaufbau
       und nötigen Schulungen zu tun. Ahuja zufolge sind für die Umsetzung mehr
       als 5.300 zusätzliche Vollzeitstellen nötig.
       
       Eigentlich sollte das Gesetzesvorhaben Bürokratie abbauen, indem es
       bisherige Leistungen wie das Kindergeld, das Bürgergeld für Kinder, den
       Kinderzuschlag für gering verdienende Eltern und teilweise auch Leistungen
       aus dem Bildungs- und Teilhabepaket [3][unter dem Oberbegriff der
       „Kindergrundsicherung“ zusammenfasst]. In der Umsetzung soll eine neu
       einzurichtende „Familienservicestelle“ bei der Bundesagentur für Arbeit
       dieseauszahlen.
       
       ## Kommunale Mehrbelastung
       
       Doch stattdessen klagen die drei kommunalen Spitzenverbände – der
       Städtetag, der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund eine
       Mehrbelastung an. Von wirklicher Vereinfachung und Entbürokratisierung
       könne keine Rede sein, klagt Marc Elxnat, Vertreter des Deutschen Städte-
       und Gemeindebundes.
       
       Mit der neuen Familienservicestelle käme es zu Doppel- und
       Parallelstrukturen und einer deutlichen Verschlechterung der
       flächendeckenden Erreichbarkeit und Beratung, kritisiert der Deutsche
       Landkreistag in einer Stellungnahme.
       
       Vergangenen Donnerstag hat der Bundestag mit der Beratung über den
       [4][Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung] begonnen. Der Entwurf ist ein
       Kompromiss, um den Familienministerin Lisa Paus (Grüne), Finanzminister
       Christian Lindner (FDP) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) monatelang
       gerungen haben. Bis Mitte Dezember soll der [5][Bundestag das Gesetz
       beschließen]. Anfang Februar soll das Gesetz durch den Bundesrat.
       
       13 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kindergrundsicherung-hilft-nicht/!5961045
   DIR [2] https://www.tagesspiegel.de/politik/warten-auf-die-kindergrundsicherung-die-fdp-stellt-neue-bedingungen-10578889.html
   DIR [3] /Kabinett-beschliesst-Gesetzentwurf/!5959921
   DIR [4] https://dserver.bundestag.de/btd/20/090/2009092.pdf
   DIR [5] /Kindergrundsicherung-im-Bundestag/!5968611
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Adefunmi Olanigan
       
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