# taz.de -- Amnestiegesetz in Spanien: Pragmatismus gewinnt
> Spaniens Ministerpräsident will Befürwortern der Unabhängigkeit
> Straffreiheit gewähren, um eine Mehrheit zu bilden. Eine Chance für
> Spanien.
IMG Bild: Eine historische Chance für das moderne Spanien
Eigentlich wollte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez den
ehemaligen katalanischen Ministerpräsidenten, Carles Puigdemont, unbedingt
vor Gericht bringen. Puigdemont wiederum hat wiederholt versichert, dass
seine Partei Sánchez nie zum Regierungschef machen würde. Und nun kommt
doch alles anders: Spanien steht vor einem historischen Moment.
Dass sich Puigdemonts Partei (Junts) und die spanischen Sozialisten (PSOE)
mit den regionalen Nationalistenparteien im Baskenland und in Galizien
einigen konnten, ist eine sehr gute Nachricht, um den [1][langen Schatten
der Franco-Diktatur] endlich hinter sich zu lassen – und um endlich und
ernsthaft den plurinationalen Staat, der Spanien eben ist, vollständig und
auf Augenhöhe mit den historischen Regionen anzuerkennen.
Denn parallel zum Amnestiegesetz für die Beteiligten des katalanischen
Unabhängigkeitsreferendums von 2017 haben die Parteien auch vereinbart,
über ein legales Referendum und einen neuen Finanzpakt zu verhandeln. Diese
Einigung könnte endlich zur Lösung des jahrelangen Spaltungskonflikts
beitragen.
Die Rechten [2][schreien auf ihren Demos nach dem Erhalt der
mononationalen Einheit] nach Francos Vorbild. Mit der jüngsten
Vereinbarung gibt es indessen die Chance auf Versöhnung und auf ein
modernes Spanien. Denn selbst ein erneutes Referendum würde nicht
automatisch bedeuten, dass die Befürworter*innen der Unabhängigkeit
gewinnen.
## Vereinbarung könnte die Abspaltung verhindern
Eher im Gegenteil: In den Umfragen der letzten Jahre und beim
[3][Referendum von 2017] kam es immer wieder zu einer Pattsituation.
Aufschwung bekam die Unabhängigkeitsbewegung überhaupt erst nach dem
politischen und juristischen Veto der Konservativen von 2010 gegen die
katalanische Verfassung, die der Region mehr Autonomie einräumte.
Wenn in einer linken Regierung unter Sánchez eine echte Anerkennung der
regionalen Identitäten und Kompetenzen erreicht wird, werden
Katalan*innen eher Pragmatismus wählen – statt eine unsichere Zukunft
nach der Abspaltung.
14 Nov 2023
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## AUTOREN
DIR Gemma Teres Arilla
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