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       # taz.de -- Bericht der Weltwetterorganisation: Viel zu viel Treibhausgas
       
       > Die Konzentration erderhitzender Gasen steigt an, die Politik reagiert
       > zögerlich. Der Chef der Wetterorganisation zeigt sich resigniert.
       
   IMG Bild: Störfall in einem Chemiewerk in Wesseling, NRW: Gas wird abgefackelt, Treibhausgase landen in der Atmosphäre
       
       Berlin taz | Die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid in der
       Atmosphäre, das die Erde gefährlich aufheizt, liegt seit dem vergangenen
       Jahr um ganze 50 Prozent höher als vor der Industrialisierung. Das hat die
       Weltwetterorganisation in ihrem jährlichen [1][Treibhausgasbericht]
       festgestellt, den sie am Mittwoch in Genf vorgestellt hat.
       
       Dass die Menschheit die Erde erhitzt, hat dramatische Auswirkungen:
       Nachweislich haben die bereits deutlich angestiegenen Temperaturen schon
       zahlreiche Hitzewellen, aber auch Starkregen und Überschwemmungen sowie
       Dürren begünstigt – und damit zu Toten, Verletzten sowie enormen Schäden
       geführt.
       
       Dass die Konzentration von CO2 weiter steigt, ist erst einmal nicht
       überraschend. Selbst wenn die Menschheit ihre Emissionen rapide senken
       würde: Bis sie komplett bei null liegen, wächst der CO2-Berg in der
       Atmosphäre erst mal noch weiter an. Das Problem ist das rasante Tempo und
       Ausmaß, in dem er das tut. Denn die Emissionen sinken eben global gesehen
       weder rapide noch sanft – sie sinken überhaupt nicht.
       
       Im Jahr 2022, auf das sich die Daten der Weltwetterorganisation beziehen,
       verursachte die Energiewirtschaft [2][weltweit fast 37 Milliarden Tonnen
       Kohlendioxid], so viel wie nie zuvor. Das CO2-Budget der Menschheit
       schrumpfe in kürzester Zeit zusammen, warnt die Weltwetterorganisation.
       Gemeint ist die [3][Menge an Kohlendioxid, die noch entweichen darf, bevor
       die Erderhitzung katastrophale Ausmaße erreicht].
       
       ## UN-Bericht kommt zu ernüchterndem Ergebnis
       
       Der Tonfall der Wissenschaftler*innen wird zunehmend verzweifelt.
       „Trotz Jahrzehnten der Warnungen aus der Wissenschaftsgemeinschaft,
       Tausenden Seiten von Berichten und Dutzenden Klimakonferenzen steuern wir
       immer noch in die falsche Richtung“, sagte Petteri Taalas, Chef der
       Weltwetterorganisation.
       
       Diese Ernüchterung dürfte ein [4][aktueller Bericht des Klimasekretariats
       der Vereinten Nationen] weiter füttern. Das hat zwei Wochen vor der
       jährlichen Weltklimakonferenz die bisherigen Klimaziele der fast 200
       Staaten ausgewertet. Das Ergebnis: Bis 2030 ist damit zwar ein Rückgang der
       Emissionen zu erwarten, allerdings nur um 2 Prozent. Laut dem Weltklimarat
       müssten sie sich aber fast halbieren, um die Erderhitzung bei 1,5 Grad zu
       stoppen – es besteht also eine eklatante Lücke.
       
       ## EU will Methanausstoß verringern
       
       Auch bei den anderen Treibhausgasen zeigt der Trend laut dem Bericht der
       Weltwetterorganisation weiter nach oben. Vor allem Methan gilt als
       entscheidender Faktor beim Klimaschutz, als wichtigstes Treibhausgas nach
       Kohlendioxid. Das Gas verschwindet zwar schneller wieder aus der
       Atmosphäre, ist aber an sich viel klimawirksamer.
       
       Den Methanausstoß zu reduzieren hätte also schnell einen großen Effekt.
       Das Gas entsteht etwa während der Verdauung von Wiederkäuern wie Kühen,
       auch auf Mülldeponien und in der Energiewirtschaft. Schließlich besteht
       Erdgas überwiegend aus Methan. Verbrennt man es, entsteht unter anderem
       Kohlendioxid. Entströmt es aber vorher unbeabsichtigt, belastet es die
       Atmosphäre als Methan. Und das passiert oft: während Bohrungen, aber auch
       beim Transport von Erdgas durch Lecks in Pipelines.
       
       Die Europäische Union will dieses Problem stärker angehen. Unternehmen der
       Öl- und Gaswirtschaft sollen künftig dazu verpflichtet werden, regelmäßig
       nach größeren Lecks zu suchen und diese zu reparieren. Darauf haben sich
       Verhandler*innen der EU-Regierungen und des EU-Parlaments in der Nacht
       zum Mittwoch geeinigt. Außerdem soll das Lüften oder Abfackeln von Erdgas,
       bei dem Methan in die Atmosphäre freigesetzt wird, unter bestimmten
       Umständen verboten werden.
       
       15 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://public.wmo.int/en/media/press-release/greenhouse-gas-concentrations-hit-record-high-again
   DIR [2] https://www.iea.org/news/global-co2-emissions-rose-less-than-initially-feared-in-2022-as-clean-energy-growth-offset-much-of-the-impact-of-greater-coal-and-oil-use
   DIR [3] /CO2-Uhr-springt-auf-drei-Jahre/!5961005
   DIR [4] https://unfccc.int/documents/632334
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Schwarz
       
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