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       # taz.de -- Warnstreik bei der Deutschen Bahn: GDL streikt für weniger Arbeit
       
       > Wie in vielen Branchen wollen auch Lokführer weniger arbeiten. Doch die
       > Bahn lehnt Verhandlungen über eine Arbeitszeitverkürzung ab.
       
   IMG Bild: Mitglieder der Gewerkschaft GDL verleihen ihren Tarifforderungen am Donnerstag in Berlin Nachdruck
       
       Berlin taz | Eine Bilanz wollte man am Donnerstagvormittag noch nicht
       ziehen, aber bisher lief der Bahnstreik aus Sicht der Gewerkschaft
       Deutscher Lokomotivführer (GDL) gut. „Wir sind sehr zufrieden mit der hohen
       Beteiligung der Beschäftigten am Streik“, sagte ein Sprecher der taz. Das
       Zugpersonal habe sich rege beteiligt, auch viele Fahrdienstleiter hätten
       die Arbeit niedergelegt. Laut der [1][Deutschen Bahn] waren im Fernverkehr
       20 Prozent der eigentlich geplanten Züge unterwegs. Auch im Regionalverkehr
       war das Angebot im Rahmen eines Notfahrplans eingeschränkt. Der Warnstreik
       fand von Mittwoch 22 bis Donnerstag 18 Uhr statt.
       
       Dass die GDL damit schon jetzt ihre Muskeln zeigte, ist bemerkenswert. Denn
       die Tarifverhandlungen mit dem Konzern haben gerade erst begonnen. Bisher
       trafen sich Konzernführung und Gewerkschaft vergangene Woche erst zu einer
       Gesprächsrunde. Lohnerhöhungen von 11 Prozent sowie eine steuerfreie Prämie
       für den Inflationsausgleich von insgesamt 2.850 Euro legte die Bahn da
       eigenen Angaben zufolge als Angebot auf den Tisch. Doch mit 32 Monaten
       forderte sie eine recht lange Tariflaufzeit. Für die GDL war das „weit
       entfernt“ von den eigenen Forderungen. Sie möchte eine Lohnerhöhung von 555
       Euro für alle und einjährige Laufzeit haben.
       
       Dabei ist die GDL eigentlich die kleinere Gewerkschaft bei der Deutschen
       Bahn. Sie vertritt nach Konzernangaben rund 10.000 Beschäftigte. Die zum
       DGB gehörende Konkurrenzgewerkschaft EVG ist mit 180.000 Angestellten im
       Konzern weitaus größer. Mit dieser einigte sich die Deutsche Bahn bereits
       im Sommer auf [2][einen Tarifvertrag]. Der sieht eine Entgelterhöhung von
       410 Euro in zwei Stufen bei einer Tariflaufzeit von 25 Monaten vor. Auch
       eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von 2.850 Euro
       wurde vereinbart.
       
       Doch bei den Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der GDL geht es
       weniger um den Lohn, Knackpunkt ist die Arbeitszeit. In der Schicht wird
       aktuell 38 Stunden pro Woche gearbeitet. Die GDL pocht auf eine
       35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Damit knüpft sie an Forderungen
       anderer Gewerkschaften an. So ging die IG Metall jüngst mit dem Vorstoß für
       eine 32-Stunden-Woche in die Tarifverhandlungen der nordwestdeutschen
       Stahlindustrie. De facto wäre das der Einstieg in die Viertagewoche.
       
       ## Bahn will nicht über Arbeitszeit sprechen
       
       Doch die Deutsche Bahn wollte vergangene Woche mit der GDL gar nicht erst
       über eine mögliche Arbeitszeitverkürzung reden. Für die Gewerkschaft war
       das eine „klare“ Provokation. „Ich lasse mir nicht in die Schuhe schieben,
       dass wir eskalieren, wenn die andere Seite sagt: ‚Ich verhandele mit Ihnen
       nicht über die Wochenarbeitszeit und ich verhandele mit Ihnen nicht über
       Tarifverträge für Fahrdienstleiter‘“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky dem
       Radiosender WDR5.
       
       Eigentlich wollten sich die Deutsche Bahn und die GDL am Donnerstag und
       Freitag zu einer zweiten Verhandlungsrunde treffen. Doch diese sagte die
       Konzernführung wegen des Streiks ab. „Entweder man streikt oder man
       verhandelt, beides gleichzeitig geht nicht“, begründete Personalvorstand
       Martin Seiler den Schritt des Konzerns. „Das bewusste Legen eines Streiks
       auf einen vereinbarten Verhandlungstermin ist eine einmalige Eskalation in
       unserer Sozialpartnerschaft, die wir nicht akzeptieren.“ Früher oder später
       werden die beiden Parteien sich wieder an den Verhandlungstisch begeben
       müssen. Aber ein Ersatztermin für die zweite Verhandlungsrunde ist noch
       nicht bekannt.
       
       Gleichzeitig gibt man sich bei der GDL kämpferisch: „Der Unmut der
       Beschäftigen ist groß, ihre Anliegen sind legitim“, [3][so Weselsky vor dem
       Streik]. „Wer glaubt, zulasten der Mitarbeiter zynisch auf Zeit spielen zu
       können, befindet sich im Irrtum.“
       
       16 Nov 2023
       
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