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       # taz.de -- Kolonialverbrechen in Tansania: Ein Signal, aber noch keine Politik
       
       > Steinmeier hat in Tansania die richtigen Worte gefunden. Jetzt muss es
       > Deutschland um konkrete Verhandlungen gehen – auch um Reparationen.
       
   IMG Bild: „Hallo Bundespräsident“: Schülerinnen und Schüler einer Grundschule in Songea
       
       Mit [1][seiner Bitte um „Verzeihung“ für Deutschlands Kolonialverbrechen im
       heutigen Tansania] hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die
       richtigen Worte gefunden. „Ich verneige mich vor den Helden“ – dieser Satz
       im Gästebuch einer Gedenkstätte für antikoloniale Widerstandskämpfer wäre
       noch vor Kurzem für ein deutsches Staatsoberhaupt undenkbar gewesen.
       
       Die Worte fielen auch nicht einfach bei einer Fensterrede in der
       Hauptstadt, [2][sondern am entlegenen Gedenkort Songea], anlässlich des
       Treffens zwischen Steinmeier und Nachkommen von Chief Songea Mbano, einem
       hingerichteten Anführer des Maji-Maji-Aufstands im ehemaligen
       Deutsch-Ostafrika, der der größte Aufstand gegen deutschen Kolonialterror
       in Afrikas Geschichte war. Das sind wichtige Signale.
       
       Signale sind aber kein Selbstzweck. Sie sollen etwas signalisieren. Von
       gemeinsamer Aufarbeitung der Geschichte war bei Steinmeiers Besuch in
       Tansania die Rede, und von gemeinsamer Gestaltung der Zukunft. Solche oder
       ähnliche Worte fallen oft auf Afrikareisen deutscher Politiker, und sie
       sind meist schnell wieder vergessen, sobald der Reisende wieder ins
       Flugzeug steigt.
       
       Aus den Worten eines Bundespräsidenten wächst nicht automatisch praktische
       Politik. Der dafür nötige Impuls muss nun in Deutschland gesetzt werden,
       nicht in Tansania. Indem Steinmeier zugab, man wisse nicht, wo sich der
       nach Deutschland verschleppte Schädel von Chief Songea heute befindet,
       wurde deutlich, wie weit der Weg noch ist. Gemeinsame tansanisch-deutsche
       historische Forschung über die Kolonialzeit wäre wichtig. Und Deutschland
       sollte Tansanias Angebot von Verhandlungen annehmen, auch wenn dabei das
       heikle Thema Reparationen auf den Tisch kommt. Dafür ist allerdings nicht
       der Bundespräsident zuständig, und da lauert schon der Sand, in dem sein
       Besuch verlaufen könnte.
       
       An Deutschlands Weigerung, Reparationen in Afrika in Betracht zu ziehen,
       scheiterte zuletzt in Namibia die Versöhnung mit den Hinterbliebenen
       [3][des deutschen Völkermordes an den Herero und Nama]. Dieses Scheitern
       darf sich nicht wiederholen.
       
       2 Nov 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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