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       # taz.de -- DDR-Startrainerin Jutta Müller gestorben: Die Eiserne Lady des Eiskunstlaufs
       
       > Als Trainerin führte Jutta Müller ein hartes Regiment. Mit ihren
       > Schützlingen holte sie 57 internationale Medaillen. Darunter:
       > Eiskunst-Star Kati Witt.
       
   IMG Bild: Gabriele Seyfert (l.) mit Mutter und Trainerin Jutta Müller bei den Europameisterschaften 1969
       
       Chemnitz dpa | Im DDR-Sport war Jutta Müller eine der schillerndsten und
       erfolgreichsten Trainerinnen. Linientreue und SED-Mitgliedschaft hielten
       die „Eiserne Lady“ des Eiskunstlaufs nicht davon ab, mit Pelzmantel in den
       Arenen der Welt die Erfolge an der Seite ihrer Schlittschuh-Größen Katarina
       Witt, Anett Pötzsch, Jan Hoffmann oder ihrer Tochter Gaby Seyfert zu
       feiern. 57 Medaillen bei EM, WM und Olympischen Spielen sind die einmalige
       Bilanz von Jutta Müller.
       
       Im Alter von 94 Jahren ist sie nun am Donnerstag in einem Pflegeheim bei
       Berlin gestorben. Das bestätigte ihre Tochter der Deutschen Presse-Agentur.
       Zuvor hatte der MDR darüber berichtet. „Mit ihr verliert die
       Eiskunstlauf-Welt eine der größten Trainerpersönlichkeiten und ist bestürzt
       über ihren Tod“, sagte Andreas Wagner, Präsident der Deutschen
       Eislauf-Union.
       
       „Sie hat Talent erkannt und war selbst getrieben, dass man dies nicht
       vergeudet“, sagte Witt einst über ihre strenge und autoritäre Trainerin.
       „Da war sicherlich ein großer Teil eigener Ehrgeiz bei ihr dabei. Aber eben
       so, dass sie sich verantwortlich fühlte, [1][das Beste gemeinsam mit dem
       Sportler herauszuholen].“ Sie sei eine Trainerin aus Passion gewesen, die
       „eigentlich nur ans Eiskunstlaufen gedacht und nichts dem Zufall
       überlassen“ habe.
       
       Gesiezt hat Witt ihre Lehrmeisterin bis zum Schluss, obwohl sie auch immer
       eine enge Bezugsperson für sie war. „Jeder fragt uns: ‚Du sagst immer noch
       Sie?‘ Ja, das werde ich immer! Frau Müller ist für mich immer Frau Müller.
       Aus Respekt! Und trotzdem ist sie mir ganz nah“, hatte Witt beim 90.
       Geburtstag der Trainerin gesagt.
       
       ## Olympiasiege ohne Ende
       
       Die in Chemnitz geborene Jutta Müller führte Witt 1984 und 1988 ebenso zu
       Olympiasiegen wie 1980 Anett Pötzsch. Zudem holte sie mit ihrer Tochter
       Gaby Seyfert und Jan Hoffmann jeweils Olympia-Silber und Titel bei Europa-
       und Weltmeisterschaften. „Ohne sie hätte ich nie diese Weltkarriere
       erreicht“, sagte Witt.
       
       „Ich habe viel verlangt und viel gegeben“, hatte Müller, die ihre
       Trainerkarriere 1955 beim SC Karl-Marx-Stadt begann, einmal gesagt. „Ich
       habe für alles gesorgt. Wir waren eine Einheit.“ Witt war stark genug, als
       Persönlichkeit neben der stets elegant gekleideten Trainerin mit dem
       schwarzen Dutt heranzuwachsen. Gaby Seyfert fiel es schwerer. Sie fühlte
       sich in der Tochterrolle an der Seite der starken Jahrhundert-Trainerin
       nicht immer wohl.
       
       „Sie verkörperte diese Erfolge der DDR, sie wusste, wie man Erfolg
       produziert“, sagte Udo Dönsdorf, früherer DEU-Sportdirektor, über Jutta
       Müller. „Und das DDR-System war wie für sie gemacht, bot ihr alle
       Möglichkeiten, weil Eiskunstlauf den Touch des Schillernden hatte.“
       
       ## Raus aus dem Rampenlicht
       
       Jutta Müller wurde selbst DDR-Meisterin im Paarlauf. Die Stadt Chemnitz
       ernannte sie zur Ehrenbürgerin, 2004 wurde sie in die Hall of Fame der
       [2][Eiskunstläufer] aufgenommen. Auch nach dem Ende ihrer Trainerkarriere
       zog es sie immer noch in die Halle des Chemnitzer Eislauf-Clubs, dem
       früheren SC Karl-Marx-Stadt. Besonders am Herzen lagen ihr die fünfmaligen
       Paarlauf-Weltmeister Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, die sie oft beim
       Training besuchte. Und als Savchenko Probleme mit dem dreifachen Salchow
       bekam, war es Müller, die ihr mit Rat zur Seite stand.
       
       [3][Nach der Wende] stand Müller, die als sehr nah zum SED-Regime
       wahrgenommen wurde, nicht mehr im Rampenlicht. Die einstige Lehrerin für
       Deutsch, Musik, Mathematik und Sport war 1946 in die Partei eingetreten.
       „Das DDR-System konnte ja nicht übernommen werden. Das ist mir jetzt klar.
       Aber es hätte trotzdem weitergehen können. Ich war damals eigentlich
       verzweifelt, dass diese ganze Supernachwuchsarbeit von heute auf morgen
       nicht mehr existieren konnte“, sagte Jutta Müller später einmal der
       [4][Frankfurter Allgemeinen Zeitung].
       
       2 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
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