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       # taz.de -- Präventionsprojekte gegen Antisemitismus: Berlins SPD-Chef will draufsatteln
       
       > Die Hauptstadt-CDU will Projekte gegen Antisemitismus auf den Prüfstand
       > stellen. SPD-Chef Saleh stärkt den Initiativen nun demonstrativ den
       > Rücken.
       
   IMG Bild: „Das wird es mit der Berliner Sozialdemokratie nicht geben“: Landes- und Fraktionschef Raed Saleh
       
       Berlin taz | Hass und Menschenverachtung, im Netz und auf den Straßen: „Ich
       bin besorgt, wenn wir uns anschauen, was wir gerade erleben“, sagte Berlins
       [1][SPD-Landeschef Raed Saleh] am Freitagnachmittag mit Blick auf die
       zunehmende Zahl antisemitischer Straftaten seit den Hamas-Massakern in
       Israel vom 7. Oktober. Jüdisches Leben in Berlin müsse geschützt, gegen
       Intoleranz müsse konsequent mit einem „starken Staat“ vorgegangen werden.
       Nicht zuletzt, so Saleh, brauche es aber auch eine Stärkung der
       Präventionsarbeit gegen Antisemitismus.
       
       Vor allem um Letzteres ging es bei einer vorangegangen „Runde für
       Zusammenhalt und gegen Antisemitismus“, zu der Saleh am Vormittag ins
       Abgeordnetenhaus eingeladen hatte. Rund 20 Expert:innen aus dem Bereich
       Präventionsarbeit, aber auch Vertreter:innen der jüdischen und der
       muslimischen Gemeinschaft nahmen daran teil. Das erklärte Ziel des
       Treffens: eine engere Zusammenarbeit aller Organisationen, die sich in der
       Hauptstadt gegen Antisemitismus und Rassismus engagieren.
       
       Saleh selbst will dafür mit den verschiedenen Trägern ein „Forum der
       Berliner Brückenbauer und Brückenbauerinnen“ ins Leben rufen. Gedacht als
       regelmäßige Plattform, um sich auszutauschen und sich gegenseitig zu
       unterstützen. Es brauche „einen Raum, wo diese Vereine, Strukturen,
       Institutionen zusammenkommen können, über diesen Tag hinaus“, das hätten
       die Teilnehmer:innen des Treffens ihm gegenüber betont, so Saleh.
       
       Klar ist: Die Präventionsprojekte stehen aktuell extrem unter Druck. Wie
       Derviş Hızarcı von der [2][Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus]
       berichtete, arbeite man seit dem 7. Oktober am Limit. Über 500 Lehrkräfte
       habe die Initiative seither mit ihrer Arbeit erreicht. „Ich spüre das bei
       mir: Meine Reserven gehen langsam aus“, sagte Hızarcı. Zugleich sehe sich
       die Präventionsarbeit massiven Angriffen seitens der CDU ausgesetzt: „Das
       ist wie ein Schlag ins Gesicht.“
       
       ## „Sehr schwierige Gespräche“ mit der CDU
       
       Führende CDU-Politiker hatten im Zusammenhang mit den [3][antiisraelischen
       Demonstrationen] und antisemitischen Straftaten der vergangenen Wochen die
       vermeintliche Nutzlosigkeit der Präventionsprogramme beklagt. Den Anfang
       hatte der innenpolitische CDU-Hardliner Burkard Dregger gemacht, der im
       Tagesspiegel eine „vollständige Kehrtwende in der Präventionspolitik“
       forderte.
       
       CDU-Fraktionschef Dirk Stettner wollte daraufhin zwar „nicht pauschal
       behaupten, dass alle Antisemitismus-Programme gescheitert sind“. Gleichwohl
       war es ihm ein dringendes Anliegen, darauf hinzuweisen, dass man ja mal
       genauer nachschauen könne, „ob unter dem Deckmantel vermeintlicher
       Antisemitismus-Arbeit auch Organisationen tätig sind, die gar nichts für
       den Dialog der Religionen machen wollen, sondern andere Ziele haben“.
       Welche Organisationen er meint, ließ Stettner offen.
       
       Orkan Özdemir, der integrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, hatte
       Stettner unmittelbar danach Ahnungslosigkeit attestiert. Die CDU, so
       Özdemir, haue schon wieder Thesen heraus, die sie nicht belegen könne. Am
       Freitag legte er nach. Es gebe einen „Mentalitätsunterschied“ zwischen CDU
       und SPD, sagte er. Und ja, er sehe „sehr schwierige Gespräche mit unserem
       Koalitionspartner auf uns zukommen“.
       
       Auch Raed Saleh nutzte die Gelegenheit freilich, um gegen die CDU
       auszuteilen. „Ich finde es wenig hilfreich, wenn ich vom Koalitionspartner
       höre, dass Präventionsprojekte gestrichen werden müssen“, sagte der
       SPD-Landes- und Fraktionschef. Die Projekte, die man in den vergangenen
       Jahren aufgebaut habe, „komplett infrage zu stellen, das wird es mit der
       Berliner Sozialdemokratie nicht geben“. Die SPD werde die Arbeit der
       Initiativen sichern und bei der Finanzierung in den abschließenden
       Haushaltsverhandlungen noch „draufsatteln“ – „wenn der Koalitionspartner
       bereit ist“.
       
       Das dürfte nach den Äußerungen der CDU zu bezweifeln sein. Saleh und die
       SPD wollen den Druck dennoch erhöhen. In der kommenden Woche soll es ein
       weiteres, noch größeres Vernetzungstreffen der Initiativen und Vereine
       geben, an dem auch Innensenatorin Iris Spranger und Integrationssenatorin
       Cansel Kiziltepe (beide SPD) teilnehmen sollen.
       
       Idealerweise, so Saleh, sollte das noch zu gründende „Forum der Berliner
       Brückenbauer und Brückenbauerinnen“ dann auch in der Senatsverwaltung von
       Kiziltepe angesiedelt werden. Er habe das so „angeregt“. Falls das von
       Kiziltepe abgelehnt werde, stehe er „bereit, dass Forum auch selbst zu
       leiten“. Sozusagen als Chefsache.
       
       3 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Rainer Rutz
       
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