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       # taz.de -- Ergebnisse des Bund-Länder-Gipfels: Magisches Denken
       
       > Von der Union vor sich hergetrieben, haben sich Bund und Länder auf neue
       > Regeln für Migrant:innen geeinigt. Ein Ende der Debatte ist nicht in
       > Sicht.
       
   IMG Bild: Weg-Weiser oder Wegweiser? Hauptsache, die Richtung ist klar
       
       Die Union überzieht. Dass [1][die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern
       in der Nacht zu Dienstag am Ende neun Stunden dauerten], lag nicht zuletzt
       an den ständig neuen asylpolitischen Forderungen der Union, mit denen sie
       auch diesmal wieder aufwartete, um die Bundesregierung vor sich
       herzutreiben.
       
       Da nützte es nichts, dass sich einige SPD-Politiker zuvor schon
       vorauseilend dafür ausgesprochen hatten, Asylverfahren künftig auch in
       Staaten außerhalb der EU durchzuführen: ein menschenrechtlich sehr
       fragwürdiges Unterfangen, bei dem zudem völlig unklar ist, in welchen
       Ländern das funktionieren soll. Die unionsgeführten Bundesländer packten
       das Thema beim Bund-Länder-Gipfel am Montag trotzdem mit auf den
       Verhandlungstisch. Scholz versprach pflichtschuldig, das Thema zu „prüfen“,
       auch wenn es für die Kommunen kaum relevant ist.
       
       Viel bedeutsamer ist das Geld. Bei dieser zentralen Frage, die [2][für die
       Kommunen am wichtigsten] ist, gab es am Ende einen Kompromiss: für jeden
       Asylbewerber und jede Asylbewerberin werden sie vom Bund ab nächsten Jahr
       einen Festbetrag von 7.500 Euro als Kopfpauschale erhalten. Dieser „atmende
       Deckel“ wird den Kommunen tatsächlich helfen, Flüchtlinge angemessen
       unterzubringen und zu verpflegen.
       
       Alle anderen Maßnahmen, die darauf zielen, die Zahl der
       Asylbewerber*innen in Zukunft zu senken, sind dagegen zweitrangig,
       denn ob sie die gewünschte Wirkung entfalten, ist fraglich. Die Kontrollen
       an den deutschen Grenzen auf unbestimmte Zeit fortzuführen erhöht nur die
       Hürden, nach Deutschland zu kommen, hält aber niemanden davon ab, es zu
       versuchen – genauso wenig wie der Beschluss, Flüchtlingen erst nach drei
       Jahren reguläre Sozialhilfesätze zu gewähren oder eine „Bezahlkarte“
       einzuführen.
       
       ## Schikanen für Flüchtlinge, die hier leben
       
       Das sind bloß Schikanen, um Flüchtlingen, die bereits in Deutschland sind,
       das Leben schwerer zu machen. Menschen, die aus Not fliehen, wird das kaum
       abschrecken, auch wenn Politiker von Union und FDP ganz fest an
       vermeintliche „Pull-Faktoren“ glauben. Das ist magisches Denken, das einer
       vulgärliberalen Fantasiewelt entspringt.
       
       Dass der nun [3][gefundene Kompromiss zwischen Bund und Ländern] einen
       „sehr historischen Moment“ markiert, wie ein übermüdeter Kanzler Scholz
       nach dem Treffen am frühen Dienstagmorgen erklärte, darf bezweifelt werden.
       
       Immerhin: Mit der einen Milliarde, die bei den Leistungen für Asylbewerber
       gekürzt werden, kann Finanzminister Christian Lindner nun die Unternehmen
       beglücken. Die Länder werden seinem „Wachstumschancengesetz“ im Bundesrat
       vermutlich nicht mehr im Wege stehen. Bei den Ärmsten zu sparen, um es
       Unternehmen zu geben, das ist ganz nach dem Geschmack der FDP.
       
       Klar ist aber auch, dass der Union die Verschärfungen noch nicht weit genug
       gehen werden. Sie wird sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die
       Bundesregierung auch weiterhin mit ständig neuen Vorschlägen vor sich
       herzutreiben.
       
       Mit einer neuen „Kommission zur besseren Steuerung der Migration“, auf die
       sich Bund und Länder nun ebenfalls geeinigt haben, findet sie dafür nun ein
       neues Forum. Sie wird es nutzen, um die quälende Asyldebatte mit immer
       neuen, überzogenen Vorschlägen auch weiterhin in die Länge ziehen.
       
       7 Nov 2023
       
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       ## AUTOREN
       
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