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       # taz.de -- Krieg in Nahost: Ausländer raus, Hilfen rein
       
       > Weitere Deutsche haben das Kriegsgebiet verlassen. Derweil gehen die
       > Bemühungen weiter, die humanitäre Krise in Gaza zu lindern.
       
   IMG Bild: Palästinenser mit ausländischen Pässen warten in Rafah auf die Erlaubnis, Gaza zu verlassen
       
       Berlin taz | Raus aus Gaza, eine Nacht auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel
       und weiter nach Kairo: So schilderte am Dienstag ein Deutsch-Palästinenser
       den Weg, den er mit weiteren Personen nahm, um endlich das Kriegsgebiet zu
       verlassen. Bis Dienstagnachmittag hatten nach Angaben von
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nochmal mehr als 30
       Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit den Gazastreifen verlassen, der
       seit vier Wochen unter Beschuss der israelischen Armee steht.
       
       Insgesamt konnten damit mittlerweile mehr als 50 Deutsche aus Gaza
       ausreisen, nachdem sie dort wochenlang festgesessen hatten. Bei den
       Personen handelt es sich nicht um die von der Hamas Verschleppten, sondern
       um Deutsche, die von dem Krieg überrascht wurden und nicht ausreisen
       konnten, darunter Personen mit Familie in Gaza sowie Mitarbeitende von
       internationalen Organisationen.
       
       Eine „niedrige dreistellige Zahl“ Deutscher soll sich in dem Gebiet
       befunden haben, als die terroristische Hamas am 7. Oktober Massaker an der
       israelischen Zivilbevölkerung beging und Israel und Ägypten daraufhin alle
       Auswege sperrten.
       
       Etwa 600 weitere Ausländer*innen sowie Palästinenser*innen mit
       doppeltem Pass sollten noch am Dienstag den Gazastreifen verlassen. Auf
       einer Liste der palästinensischen Grenzbehörde standen auch 150 weitere
       Deutsche.
       
       ## Schulze gibt bereits zugesagte Gelder für UN-Hilfswerk frei
       
       Gleichzeitig gehen die Bemühungen weiter, die humanitäre Krise im
       Kriegsgebiet zu lindern. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD)
       teilte am Dienstag mit, dass bereits zugesagtes Geld für das UN-Hilfswerk
       für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) in Höhe von 71 Millionen Euro freigegeben
       werde. Hinzu kommen weitere 20 Millionen Euro. Mit dem Geld soll vor allem
       die Basisversorgung der Menschen gewährleistet werden, die innerhalb des
       Gazastreifens vertrieben worden sind.
       
       Außerdem sollen palästinensische Geflüchtete in Jordanien unterstützt
       werden. Schulze befindet sich derzeit in der Hauptstadt Amman und traf sich
       dort mit dem UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini. Unabhängig davon
       stellte die EU-Kommission Jordanien ein Hilfspaket von gut 900 Millionen
       Euro in Aussicht, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem
       Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Brüssel bekannt gab. Mit
       den Hilfen will die EU politische Reformen in dem Nachbarland Israels
       fördern und Jordaniens Wirtschaft ankurbeln.
       
       Mit Blick auf das Geld für UNRWA erklärte Schulze: „Der brutale
       Hamas-Angriff gegen Israel schadet auch in großem Maße der
       palästinensischen Bevölkerung. Wir sehen das große Leid der
       palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza und wollen es lindern.“ Das
       Bundesentwicklungsministerium hatte einen Tag nach dem Hamas-Angriff eine
       Überprüfung der deutschen Hilfen für die palästinensischen Gebiete
       angekündigt.
       
       ## Netanjahus Andeutungen
       
       Umstritten ist, wohin die Gelder fließen und ob nicht doch die Hamas
       Zugriff auf die Mittel hat oder deren Verwendung beeinflusst. Die Prüfung
       sei noch nicht abgeschlossen, erklärte das Ministerium. „Mit Blick auf die
       wachsende Not der Menschen und die zunehmend instabile Lage in einigen
       Nachbarländern wurde aber die weitere Unterstützung des UN-Hilfswerks für
       Palästina-Flüchtlinge UNRWA prioritär geprüft“, hieß es.
       
       Ein Teilergebnis ist die Zusage und Freigabe der insgesamt 91 Millionen
       Euro für UNRWA. Die Zahlungen müssen ein mehrstufiges Kontrollverfahren
       durchlaufen. Die Überprüfung betrifft UNRWA-Mitarbeitende,
       Partnerorganisationen, Baufirmen und Lieferanten. Auch Kontrollen vor Ort
       finden statt. Israelische Behörden seien bei der Umsetzung in den
       Palästinensischen Gebieten eng eingebunden, im Gazastreifen etwa bei der
       Genehmigung von Materialeinfuhren. Die Hilfen sollen vor allem im südlichen
       Gaza eingesetzt werden und dort für Trinkwasser sorgen oder Sanitäranlagen
       in Notunterkünften finanzieren.
       
       [1][Die israelische Armee forderte am Dienstag erneut alle Menschen in
       Nordgaza au]f, sich zwischen 10 und 17 Uhr in den Süden zu begeben.
       Sprecher Avichai Adraee postete ein Video auf der Plattform X (vormals
       Twitter), das eine Flüchtlingskarawane zeigte, die sich zu Fuß offenbar
       Richtung Süden bewegte. Einige trugen weiße Flaggen.
       
       Unterdessen äußerte sich Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zur
       Zukunft des Gazastreifens. In einem Interview mit ABC News sagte er, Israel
       werde nach dem Krieg [2][„für unbestimmte Zeit“] die „allgemeine
       Verantwortung für die Sicherheit“ im Gazastreifen haben. Dies könnte darauf
       hindeuten, dass seine Regierung plant, zumindest vorerst die Kontrolle über
       den Gazastreifen zu übernehmen. Bisher hatte sie das ausgeschlossen. Israel
       hatte das Gebiet 1967 erobert, aber 2005 im Zuge des sogenannten
       Abkoppelungsplans alle Siedlungen und Militäranlagen geräumt.
       
       7 Nov 2023
       
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