# taz.de -- Proteste gegen Amnestiegesetz in Spanien: Rechte Gewalt gegen Amnestie
> Ministerpräsident Sánchez plant ein Amnestiegesetz für katalanische
> Politiker. Das bringt Rechte und Konservative auf die Barrikaden.
IMG Bild: Protest in der Nähe der Zentrale der Sozialisten am /. November in Madrid
Madrid taz | Nacht für Nacht ziehen seit fünf Tagen Tausende vor den Sitz
der spanischen Sozialisten (PSOE) in der Madrider Innenstadt. Sie
beschuldigen den Ministerpräsidenten Pedro Sánchez des Verrats am Vaterland
– verlangen seinen Rücktritt und seine Inhaftierung, schimpfen auf Basken
und Katalanen. Jede Nacht wird die Menge, bei der viele Nationalfahnen aus
der Zeit der Franco-Diktatur mit sich führen und faschistische Parolen und
Kampflieder skandieren, gewalttätiger. Es mischen sich immer mehr Gruppen
schwarz gekleidete, vermummter Faschisten darunter.
Am Dienstag waren es laut Polizei 7.000 Demonstranten, doppelt so viele wie
am Abend zuvor. „Die Verfassung zerstört die Nation“, stand auf einem
riesigen Transparent in Nationalfarben zu lesen. Erstmals brannten
Müllcontainer und ein Motorrad, es flogen Pflastersteine. Sieben
Demonstranten wurden verhaftet. Auch in anderen spanischen Städten kommt es
wiederholt zu Aufmärschen vor den „Volkshäusern“, wie die Büros der
Sozialisten heißen. Die PSOE-Parteilokale bleiben aus Sicherheitsgründen ab
nachmittags geschlossen.
Die Aufmärsche begannen als Proteste gegen Sánchez’ Plan eines
Amnestiegesetzes für Hunderte von katalanischen Politikern und Aktivisten,
die gerichtlich verfolgt werden, weil sie am 1. Oktober 2017 trotz Verbots
ein Unabhängigkeitsreferendum organisierten. Unter denen, die davon
profitieren, [1][befindet sich der ehemalige katalanische Regierungschef
Carles Puigdemont], der im Brüssler Exil lebt und im Europaparlament sitzt.
Ihm droht zu Hause eine hohe Haftstrafe.
## Sánchez braucht die regionalen Nationalisten
[2][Die Amnestie] ist ein Zugeständnis an die katalanischen
Unabhängigkeitsparteien, damit sie Sánchez im Parlament zu einer weiteren
Amtszeit verhelfen. Außerdem verhandeln die Sozialisten mit baskischen
Nationalisten. Die Rechten gehen dagegen auf die Straße. Zwar kam die PSOE
bei den Wahlen am 23. Juli nur auf Platz zwei hinter der konservativen
Partido Popular (PP). Doch deren Spitzenkandidat Alberto Nuñez Feijóo
konnte im Parlament nur die Unterstützung der rechtsextremen VOX sowie
zweier Abgeordneter regionaler rechter Formationen hinter sich bringen.
Jetzt ist Sánchez an der Reihe. Der Preis für seine Regierungsmehrheit sei
„die Erniedrigung Spaniens“, wettert Feijóo. „Wir durchleben den größten
Rückschritt der Demokratie in unserer Geschichte“, fügt er hinzu, als hätte
es nie einen Bürgerkrieg gegen die Republik in den 1930er Jahren mit
anschließender 40-jähriger Diktatur gegeben.
Die PP ruft am Sonntag in allen Provinzhauptstädten zu Kundgebungen. Eine
Woche später dann soll es eine Großdemonstration in Madrid geben. Feijóo
vermeidet es, die gewalttätigen Proteste explizit zu verurteilen.
Der einstige PP-Regierungschef José María Aznar verlangt einen „nationalen
Streik“ aller Staatsbediensteter, der Armee und der Sicherheitskräfte. Die
rechtsextreme Vox, [3][die mit der PP in sechs Regionen und über 130
Gemeinden zusammen regiert], fordert die Polizeibeamten auf, „sich
illegalen Befehlen zu widersetzen“.
8 Nov 2023
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## AUTOREN
DIR Reiner Wandler
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