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       # taz.de -- Versorgung der Studierenden in Hannover: Uni-Mensa kurz vor dem Kollaps
       
       > Dass Hannovers Hauptmensa hoffnungslos marode ist, ist lange bekannt.
       > Trotzdem verzögert sich der Neubau nun ein weiteres Mal.
       
   IMG Bild: Was man in Deutschland wirklich gut kann? Der Infrastruktur beim Zerbröseln zugucken
       
       Hannover taz | Es ist wirklich drollig, dass die Hauptmensa der
       [1][Leibniz-Universität Hannover] auf der Website immer noch unter der
       Überschrift „Neue Hauptmensa“ zu finden ist: [2][Das gute Stück stammt aus
       dem Jahr 1981]. Seit zehn Jahren, sagt die Universität Hannover, steht eine
       Erneuerung des 42 Jahre alten Baus ganz oben auf der Prioritätenliste.
       Passiert ist nichts.
       
       Nun schlagen die Studierendenvertreter Alarm; mit einem offenen Brief haben
       sie sich an den Ministerpräsidenten und den Wissenschaftsminister gewandt.
       Sie sehen die Versorgung der rund 45.000 hannoverschen Studierenden
       gefährdet.
       
       Denn die Hauptmensa beherbergt nicht nur einen der größeren Speisesäle –
       sondern auch die Produktionsküche für die anderen neun Mensa-Standorte und
       sechs Cafeterien des Studentenwerkes in der Stadt.
       
       Spricht man mit dem Geschäftsführer des [3][Studentenwerkes Hannover],
       Michael Knüppel, klingt es, als wären seine Mitarbeiter eigentlich schon
       seit Jahren ständig damit beschäftigt, Schäden einzuhegen und
       Zwischenlösungen zu improvisieren.
       
       In diesen kalten und regnerischen Herbsttagen beispielsweise läuft jeden
       Tag jemand durch den Speisesaal und guckt auf die Deckenplatten. Das
       Flachdach ist seit Jahren undicht, wo sich Wasserflecken zeigen, müssen die
       Sitzplätze mit Flatterband abgesperrt werden, weil es erfahrungsgemäß nur
       noch ein paar Tage dauert, bis die durchfeuchteten Deckenplatten auf die
       Tische krachen.
       
       ## Veraltete Kühlkammern, überlastete Elektrik
       
       Und das ist nur der öffentlich sichtbare Teil. Weitere Kontrollgänge sind
       nötig, um die chronisch überlastete Elektrik und die veralteten Kühlkammern
       im Blick zu behalten – auch am Wochenende. Denn die Haustechnik ist den
       vergangenen Jahren ebenfalls nur sporadisch nachgerüstet worden – weite
       Teile sind genauso alt wie das Gebäude selbst. Auch viele der Küchengeräte
       sind so alt, dass es für sie keine Ersatzteile mehr gibt. Neue können nicht
       angeschlossen werden, weil das Stromnetz der Belastung nicht Stand halten
       würde.
       
       Dabei wird das Essen von hier gern genommen: Die Mensa ist mehrfach
       ausgezeichnet worden – unter anderem für ihr modernes veganes Angebot – und
       schneidet in Umfragen unter den Studierenden ziemlich gut ab.
       
       Wie dringend nötig das Angebot sei, sehe er auch daran, sagt Knüppel, dass
       die [4][Besucherzahlen nach der Coronapandemie sehr schnell wieder auf das
       alte Niveau geklettert] seien – obwohl es weniger Studierende in der Stadt
       gibt. Aber denen, die es gibt, machen eben die gestiegenen
       Lebenshaltungskosten ziemlich zu schaffen.
       
       „Inzwischen ist nicht mehr die Frage, ob die Produktionsküche ausfällt,
       sondern nur noch, wann und für wie lange“, schreiben die
       Studierendenvertreter. Fast wortgleich äußern sich Studentenwerk und
       Universitätsleitung.
       
       Nun ist es nicht so, dass man dem Verfall über die Jahre hinweg vollkommen
       tatenlos zugesehen hätte. Es wurden diverse Szenarien erwogen und
       verworfen. Zunächst wollte man im Bestand sanieren, dann ein bisschen
       anbauen.
       
       Nach und nach schälte sich heraus: Das funktioniert alles nicht. Die
       Anforderungen haben sich verändert, die Produktionsküche muss klar von der
       Tagesküche und der Essensausgabe getrennt werden, um überhaupt noch die
       vorgeschriebene EU-Zertifizierung zu erhalten. Eine Sanierung bei laufendem
       Betrieb ist nicht möglich, man bräuchte für mindestens zwei Jahre eine
       teure Interimslösung.
       
       ## Neubau wäre sinnvoller
       
       Verschiedene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen belegen: Sinnvoller wäre es,
       die Produktionsküche an einem anderen Standort neu zu bauen und dann das
       alte Gebäude für die Tagesküche und Speisesäle zu sanieren. Sogar ein
       Grundstück hatte man mit Hilfe der Stadt schon ausfindig gemacht. Endlich,
       endlich wähnten sich die Beteiligten auf der Zielgeraden.
       
       Dann wurden im vergangenen halben Jahr gleich fünf Mal entscheidende
       Kommissionssitzungen abgesagt. Von wem ist unklar: Auf Betreiben des
       Landesrechnungshofes, sagt die Universität. Von uns nicht, sagt der
       Landesrechnungshof.
       
       Was der Landesrechnungshof allerdings getan hat: Er hat einen Vorschlag
       unterbreitet, der den Planungsprozess nun noch einmal ins Stocken bringt.
       
       Neben der Bauanmeldung für eine neue Produktionsküche der Uni-Mensa
       (geschätztes Kostenvolumen 60 Millionen Euro) flatterte dem
       Landesrechnungshof nämlich noch ein ähnliches Projekt ins Haus: Auch
       [5][die Justizvollzugsanstalt in Sehnde], eine Stadt südöstlich von
       Hannover, möchte eine neue Küche für circa 38 Millionen Euro bauen.
       
       Ob man die nicht zusammenlegen und so erhebliche Einsparungen erzielen
       könne, fragt der Landesrechnungshof – das ist sein Job. Das Justiz- und das
       Finanzministerium sollen sich im Haushaltsausschuss für solche Erwägungen
       zumindest offen gezeigt haben. Das Wissenschaftsministerium äußerte erst
       einmal rechtliche Bedenken.
       
       ## Wissenschaftsministerium ist optimistisch
       
       Rein praktisch gäbe es da ja aber auch einiges zu klären: Braucht eine
       JVA-Küche nicht ganz andere Sicherheitsvorkehrungen, um zum Beispiel den
       Drogenschmuggel zu verhindern, der für alle Vollzugsanstalten ein
       Riesenproblem ist? Muss die Küche nicht ganz anders dimensioniert sein? Die
       Mensa beschränkt sich weitgehend auf Mittagsmahlzeiten und Snacks und
       liefert auch diese nur an fünf Tagen in der Woche. Häftlinge bekommen auch
       am Wochenende mindestens drei Mahlzeiten am Tag.
       
       Das, sagt das Justizministerium, müsse man jetzt eben erst einmal prüfen.
       Das allerdings ist genau das Stichwort, bei dem sich allen Beteiligten aus
       dem Uni-Umfeld die Nackenhaare aufstellen. In ihren Augen wurde schon mehr
       als genug geprüft, es müsste jetzt endlich einmal gebaut werden. Eigentlich
       wollte man jetzt bei der Detailplanung und dem Erstellen der Bauanträge
       sein. Der Neubau sollte Ende 2026 fertig werden. Das wird nicht nur knapp,
       sondern angesichts der Kostenentwicklung im Bausektor mit jedem
       verstreichenden Tag teurer.
       
       Zumindest im Wissenschaftsministerium gibt man sich aber optimistisch: „Um
       den Zeitplan nicht zu behindern, sollen jetzt sehr zeitnah Gespräche mit
       allen Beteiligten geführt werden“, schreibt die Sprecherin. Die Versorgung
       der Mensen in Hannover sei aktuell nicht akut gefährdet.
       
       9 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Leibniz-Universitaet-Hannover/!t5633919
   DIR [2] https://www.uni-hannover.de/de/universitaet/profil/geschichte/gebaeude/neue-hauptmensa
   DIR [3] https://www.studentenwerk-hannover.de/
   DIR [4] /Studieren-in-Corona-Zeiten/!5730905
   DIR [5] /Lesung-in-der-Justizvollzugsanstalt/!5658110
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
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