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       # taz.de -- Generaldebatte auf dem Grünen Parteitag: Mehr Selbstkritik wagen
       
       > Der Beginn des Grünen-Parteitages verdeutlich: Die Partei setzt auf
       > staatspolitische Verantwortung. Doch ein Weiter-so darf es nicht geben.
       
   IMG Bild: Ein nachdenklicher Robert Habeck beim Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen
       
       Die Grünen sind mit einer Art Sinnkrise in ihren Parteitag gezogen. Kann
       man mit der FDP überhaupt sinnvoll regieren? Macht die Ampel [1][ohne das
       Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds] noch Sinn? Die klare Antwort
       in der Generaldebatte zu Beginn des Parteitags: Wir können nicht nur, wir
       müssen regieren. Zweifel daran blieben Einzelmeinungen von der Basis. Eine
       Partei mit mehr staatspolitischer Verantwortung dürfte hierzulande kaum zu
       finden sein – auch wenn den Grünen gerne das Gegenteil angedichtet wird.
       Und es stimmt ja: Jetzt die Regierung aufzukündigen würde nicht nur die
       Verunsicherung der Bevölkerung weiter erhöhen, ein mögliches Bündnis aus
       SPD und Union die Lage nicht besser machen.
       
       Robert Habeck beschwor geradezu, dass Zukunft und Wohlstand des Landes auf
       dem Spiel stehen. Nicht länger den Klimaschutz nach vorne zu stellen,
       sondern Wirtschaft und Industrie und damit Arbeitsplätze und Wohlstand in
       den Mittelpunkt zu rücken, ist klug. Auch wenn es nicht allen in seiner
       Partei gefällt: So erreicht er nicht nur einen deutlich größeren Teil der
       Bevölkerung, er setzt auch SPD und FDP mit ihren eigenen Themen unter
       Druck. Gemeinsam mit der Union haben die es geschafft, dass Klimaschutz
       wieder allein als grünes Problem gilt – was für die Grünen schwierig ist.
       Gesamtgesellschaftlich ist es fatal.
       
       Dennoch blieb in der Generaldebatte ein kritischer Blick auf die eigenen
       Fehler und den Zustand der Partei weitgehend aus. Dabei gibt es dafür
       genügend Anlässe: die vielen Zugeständnisse in der Ampel, der Machtverlust
       [2][in Berlin] [3][]und Hessen, die vielen Anfeindungen, die mäßigen
       Zustimmungswerte und schlimmer noch: Die Anzahl der Menschen, die sich
       nicht vorstellen können, die Grünen zu wählen, hat dramatisch abgenommen.
       Für eine Partei, die sich weiter ausbreiten will, ist das ein sehr
       schlechtes Signal.
       
       ## Der Glaube, die Weisheit mit den Löffeln gefressen zu haben
       
       Etwas mehr Selbstreflexion hätte den Grünen in ihrer Generaldebatte
       gutgetan. So bleibt der Eindruck, dass sie vor allem auf ein Weiter so
       setzten, obwohl ihre Strategie bislang nicht wirklich gut gelaufen ist.
       Hinzu kommt der alte Verdacht, dass die Grünen glauben, die Weisheit mit
       Löffeln gefressen zu haben – und der Rest eben nur auf sie hören müsse. In
       der Debatte [4][um das Heizungsgesetz], dem anfangs die soziale
       Abfederungen fehlte, haben sie so große Teile der Bevölkerung verloren.
       
       Die Parteiführung wollte zu Beginn des Parteitags die Reihen schließen und
       nach vorne schauen, Selbstkritik wollte sie nicht. Vielleicht wäre das in
       der aktuellen finanziellen Großkrise auch zu viel verlangt. Doch die
       Spitzengrünen müssen sich diesen Fragen stellen. Die Sinnfrage wird schnell
       zurückkommen.
       
       24 Nov 2023
       
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