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       # taz.de -- Verkehrswende in Berlins Bezirken: Warten im Block
       
       > In Neukölln wird die Verkehrswende zu Geduldprobe: Der von Anwohnenden
       > seit Langem geforderte Kiezblock Rixdorf kommt und kommt nicht. Aber
       > warum?
       
   IMG Bild: Nicht nur das Rumstehen, sondern vor allem das Rumrollen ist in Rixdorf ein Problem
       
       Berlin taz | Aileen Edele kann es nicht fassen: „Wenn ein einzelner
       Kiezblock nach zweieinhalb Jahren noch immer nicht steht, wie soll da eine
       umfassende Verkehrswende überhaupt ins Rollen kommen?“ Die Aktivistin von
       der [1][Initiative „Kiezblock Rixdorf]“ richtet ihre Kritik an das
       Neuköllner Bezirksamt und den grünen Verkehrsstadtrat Jochen Biedermann:
       „Wer sich für die Verkehrswende wählen lässt, sollte dann auch liefern.“
       Dass Versprechen mehrfach nicht eingehalten worden seien, sei „schlicht
       nicht vermittelbar“.
       
       Was Edele und ihre MitstreiterInnen so aufbringt: Vor gut zweieinhalb
       Jahren hatte die Initiative – die heute unter dem Dach der vom Verein
       Changing Cities organisierten Kiezblockbewegung agiert – auf eigene Faust
       ein Konzept für den Kiez zwischen Karl-Marx-Straße und Sonnenallee
       ausgearbeitet, der seit Jahrzehnten unter Durchgangsverkehr leidet. Sie
       legte es der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung vor, die im Sommer
       2021 tatsächlich einen Kiezblock beschloss. [2][Umgesetzt ist er aber bis
       heute nicht.]
       
       Dabei hatte es Anfang des Jahres so ausgesehen, als dauere es nur noch
       Wochen, bis das Problem mit ein paar Pollern und einer
       Einbahnstraßenregelung an strategischen Punkten behoben wäre. Stadtrat
       Biedermann hatte am 2. März die Anwohnenden zu einer Infoveranstaltung in
       die Richard-Grundschule eingeladen. Rund hundert Menschen kamen, die
       meisten zeigten sich sehr angetan von dem – vermeintlich – anordnungsreifen
       Konzept, zu dem der Bezirk den Vorschlag der Initiative weiterentwickelt
       hatte. Nur noch ein paar Gespräche mit Gewerbetreibenden seien zu führen,
       dann könne es losgehen, hieß es.
       
       Nun beginnt das Bezirksamt im weiter nördlich gelegenen Reuterkiez, für
       einen Kiezblock Modalfilter zu errichten – Sperren, die keinen Autoverkehr
       durchlassen –, für Rixdorf aber gibt es gar kein konkretes Datum mehr. Man
       habe signalisiert, dass sich beides nicht parallel umsetzen lasse, sagt die
       Initiative, die dafür kein Verständnis hat. „Die Logik dahinter bleibt
       unklar. Unser Vertrauen in den Prozess ist angeschlagen“, so Lisa
       Hillebrand von „Kiezblock Rixdorf“. An diesem Donnerstag rufen die
       AktivistInnen darum zur Protestdemo auf. Los geht es um 16 Uhr auf dem
       Richardplatz.
       
       ## Einiges schiefgelaufen
       
       Auf Nachfrage räumt Jochen Biedermann ein, dass beim Rixdorfer Kizblock
       einiges schiefgelaufen ist: „Die Verzögerung schmerzt uns natürlich ebenso
       sehr wie viele Anwohner*innen, die sich die Umsetzung wünschen“, sagt der
       Stadtrat der taz. 2023 sei aber „leider kein gutes Jahr für
       Verkehrsberuhigung und Verkehrswende“ gewesen: „Die Unruhe der Neuwahlen,
       veränderte Mehrheitsverhältnisse, die Neuwahlen der Bezirksämter und des
       Senates und nicht zuletzt der U-Turn in der Verkehrspolitik haben viel Zeit
       und Kraft gekostet und viele Ressourcen gebunden, die an anderer Stelle
       gefehlt haben.“
       
       Jetzt würden die Ressourcen nicht nur im Reuterkiez, sondern auch für die
       Entwicklung von Verkehrskonzepten im Schiller- und im Körnerkiez gebraucht.
       Gleichzeitig gebe es in Rixdorf, wo der Kiezblock direkt auf die
       Anwohnenden zurückgehe, eine „besondere Sorgfaltspflicht für die
       Maßnahmen“. Die müssten „erstens funktionieren und zweitens auch etwaigen
       gerichtlichen Auseinandersetzungen standhalten“.
       
       Biedermann sagt auch, er und sein Amt hätten das Thema Lieferverkehr „klar
       unterschätzt“. Es sei aber unerlässlich, im Sinne einer breiten Zustimmung
       zu den Maßnahmen, „die Gewerbetreibenden im Kiez und die Lieferanten
       mitzudenken“. Seit dem Frühjahr habe man noch „eine Vielzahl von Gesprächen
       geführt, Lösungen gesucht, Veränderungen geprüft und teilweise auch
       vorgenommen“. Auch habe noch eine schon früher geplante Durchfahrtsperre in
       der Braunschweiger Straße umgesetzt werden müssen.
       
       ## „Gerne schneller gewesen“
       
       Der grüne Stadtrat klingt ehrlich zerknirscht: „Trotz dieser Thematiken
       wäre ich gerne schneller gewesen. Es ist kein gutes Zeichen, wenn die
       kommunizierten Daten nicht eingehalten werden können. Ich hätte an dieser
       Stelle vorsichtiger sein müssen.“ Biedermann will alles daransetzen, dass
       Rixdorf jetzt eben Neuköllns zweiter Kiezblock wird, „und wir auch hier
       endlich einen Knopf dran machen“.
       
       Dass ein paar Absperrungen Wunder wirken, zeigen in Rixdorf der für Kfz
       gesperrte Böhmische Platz, der von AnwohnerInnen ausgiebig als
       Kiez-Wohnzimmer genutzt wird, aber auch [3][der einzelne Poller, der seit
       2021 die Durchfahrt vom Richard- zum Karl-Marx-Platz (die „Schnalle“)
       schließt]. Allerdings hat sich der Durchgangsverkehr seitdem Ausweichwege
       gesucht – mittlerweile sind andere Straßen stärker belastet als vorher.
       
       29 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://kiezblock-rixdorf.de/
   DIR [2] /Kiezblock-in-Neukoelln/!5815126
   DIR [3] /Verkehrswende-mit-Kiezblock/!5782254
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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