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       # taz.de -- Geflüchtete im deutschen Arbeitsmarkt: Einsteigen mit Aufstiegschancen
       
       > Zunehmend mehr Geflüchtete arbeiten als Fachkräfte. Für die Entwicklung
       > ist vor allem die berufliche Qualifikation wichtig, zeigt eine Studie des
       > DIW.
       
   IMG Bild: Im Handwerk sind Geflüchtete als Fachkräfte gefragt
       
       Vor sieben Jahren hieß es, Geflüchtete seien die Fachkräfte von übermorgen.
       Mittlerweile ist das Übermorgen von damals schon heute. Und es zeigt sich:
       Zunehmend mehr Geflüchtete arbeiten in Fachkraftpositionen. So sind
       mittlerweile 60 Prozent der erwerbstätigen Geflüchteten als Fachkräfte
       tätig.
       
       Zu dem Ergebnis kommt eine am Mittwoch erschienene [1][Studie zur
       Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten des Deutschen Instituts für
       Wirtschaftsforschung (DIW)], die von Forscherinnen des Sozio-oekonomischen
       Panels (SOEP) im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
       und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg verfasst wurde.
       
       Die Studie verfolgte den Weg von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, die
       zwischen 2013 und 2020 nach Deutschland gekommen sind, dabei wanderte ihr
       Großteil 2015 und 2016 zu. Bereits ein [2][Bericht im Juli des Instituts
       für Arbeitsmarkt und Berufsforschung] (IAB), das mit den gleichen Daten
       arbeitete, zeigte, dass 54 Prozent der Geflüchteten mit einer
       Aufenthaltsdauer von sechs Jahren erwerbstätig sind. Dabei nahm im
       Beobachtungszeitraum die Zahl der Geflüchteten zu, die als Fachkräfte
       arbeiten.
       
       ## Mehr Qualifikationen sind der Schlüssel
       
       Dies hat zwei Gründe: Zum einen sammelten Geflüchtete mehr Qualifikationen,
       sodass sie in höhere Positionen einsteigen konnten, zum anderen sind
       Geflüchtete, wenn sie bereits im Arbeitsmarkt sind, mobiler. „Die ganze
       Aufwärtsmobilität, die zu sehen ist, ist verknüpft mit Qualifikation“, sagt
       die Soziologie-Professorin Cornelia Kristen. Dabei spielen alle Arten der
       Qualifikation eine zentrale Rolle.
       
       Studienautorin Elisabeth Liebau erklärte: „Insbesondere im Ausland
       erworbene berufliche Qualifikationen und der Erwerb eines deutschen
       Bildungsabschlusses sowie das Erlernen der deutschen Sprache begünstigen
       die bessere Positionierung in der Arbeitswelt und den Wechsel von einer
       Hilfskraft- in eine Fachkrafttätigkeit.“
       
       Auffällig ist, dass diese Aufstiegsentwicklung vor allem für Männer gilt.
       Der Anteil geflüchteter Frauen im Arbeitsmarkt ist hingegen wesentlich
       geringer und oft leisten sie sehr viel mehr unbezahlte Sorgearbeit. Doch
       die Unterschiede in der Aufteilung, der „[3][Gender Care Gap]“, nehmen ab,
       wenn sowohl Mann als auch Frau arbeiten. Dabei verhält es sich für
       Geflüchtete ebenso wie für andere Paare mit und ohne Migrationsgeschichte.
       Zu dem Ergebnis kommt die zweite Studie, die das DIW am Mittwoch im selben
       Bericht veröffentlichte.
       
       ## Arbeiten für Gleichberechtigung
       
       Mit Blick auf die Lücke in der Sorgearbeit sei es besonders wichtig, Frauen
       in den Arbeitsmarkt zu bringen. Dafür sei ein ausreichendes Angebot für
       Kinderbetreuung wichtig, wie auch die berufliche Qualifikation.
       
       Mit Blick auf die Erwerbstätigkeit von Frauen wirft Yuliya Kosyakova,
       Leiterin des Forschungsbereichs Migration am IAB, ein: „Viele der Frauen
       haben in ihren Herkunftsländern Qualifikationen im Sozialen oder im
       Bildungsbereich. Doch für einen Berufseinstieg fehlen in der Bildung
       Anerkennungsverfahren.“ Ebenso verzögerten sich Einstiege, weil sehr gute
       Sprachkenntnisse gefordert würden.
       
       Mit dem „[4][Jobturbo]“ will die Bundesregierung Geflüchtete – auch wenn
       sie noch nicht gut Deutsch sprechen – [5][schneller in Arbeit bringen]. Die
       Jobcenter sollen den Geflüchteten entsprechend ihren Fähigkeiten und
       Qualifikationen Arbeitsstellen vermitteln und sie dabei unterstützen, ihre
       Sprachkenntnisse zu verbessern. Nicht nur schnell, sondern auch nachhaltig,
       so das formulierte Ziel. Damit zeigt die Studie auch, dass eine
       langfristige Arbeitsmarktintegration gelingen kann – aber wenn man Wert auf
       Fachkräfte legt, erfordert dies auch entsprechend Zeit.
       
       29 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.886358.de/23-48.pdf
   DIR [2] https://doku.iab.de/kurzber/2023/kb2023-13.pdf
   DIR [3] /Gender-Care-Gap-in-Deutschland/!5915908
   DIR [4] /Jobturbo-fuer-Gefluechtete/!5971147
   DIR [5] https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Migration-und-Arbeit/Flucht-und-Aysl/Turbo-zur-Arbeitsmarktintegration-von-Gefluechteten/turbo-zur-arbeitsmarktintegration-von-gefluechteten.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Adefunmi Olanigan
       
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