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       # taz.de -- Gängelung der DFB-Fußballerinnen: Aber jetzt schnell ins Bett!
       
       > Bei der WM wurden die DFB-Fußballerinnen mit Schildern zur
       > Professionalität angehalten. Es ist höchste Zeit für eine gründliche
       > Aufarbeitung.
       
   IMG Bild: „Trink über den ganzen Tag!“: Alexandra Popp macht alles richtig
       
       Viele Wege führen zum Erfolg, heißt es. Und es ist in den vergangenen
       Jahren nicht gerade wenig ausprobiert worden, um aus den Möglichkeiten
       eines Fußballteams das Maximale herauszuholen.
       
       Christoph Daum ließ einst die rumänische Nationalmannschaft einen Bus mit
       einem Seil ziehen. Nur ein Stück weit, dafür aber bergauf. Die Fußballer
       staunten, wie stark sie gemeinsam waren, und gewannen just das folgende
       WM-Qualifikationsspiel. Bekannter ist in Deutschland die Anekdote, wie Daum
       in Leverkusen Spieler barfuß über Scherben laufen ließ.
       
       Von Ralf Rangnick, [1][dem heutigen Nationaltrainer Österreichs], wird
       erzählt, dass er einst in Stuttgart einen Knallfrosch in der Kabine
       zündete, um die Spieler auf ein neues Aufmerksamkeitslevel zu heben. Manch
       einer hat sich über all diesen Hokuspokus lustig gemacht und auf die
       zeitlich begrenzte Wirkung der unorthodoxen Maßnahmen hingewiesen.
       
       Die Erfolgsoptimierer beim DFB setzen neuerdings scheinbar, zumindest wenn
       es um die besten Fußballerinnen geht, auf alltägliche Penetranz und
       Bemutterung: „Dein Bett hat eine Funktion: Schlaf!“ Oder: „Trinke über den
       ganzen Tag und kontrolliere deinen Urin.“ Derlei Hinweise im Befehlston
       waren in den Appartments der deutschen Fußballerinnen bei der
       Weltmeisterschaft vergangenen Sommer im australischen Wyong untergebracht.
       Das kam gerade durch [2][die vom DFB anfangs mitfinanzierte Doku „Born for
       this“] zu Tage, deren neueste Folgen sich mit der Aufarbeitung des
       verpatzten Turniers befassen.
       
       ## Wenig Vertrauen in die Spielerinnen
       
       Allein das ist schon kurios, weil die interne sportliche Aufarbeitung der
       WM mit der damals verantwortlichen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg
       nie stattfand. Grund war [3][eine psychische Erkrankung der
       Bundestrainerin] und infolgedessen auch die Auflösung ihres Vertrags.
       
       Kurios sind diese enthüllten entmündigenden Details aus dem WM-Alltag,
       welche die Spielerinnen wie kleine Kinder aussehen lässt, aber auch, weil
       die Doku darauf angelegt ist, die Spielerinnen als eigenständige
       Persönlichkeiten zu präsentieren. Voss-Tecklenburg sagte einst: „Wir haben
       unglaublich tolle Vorbilder und Persönlichkeiten, und die müssen wir
       einfach sichtbar machen.“ Die Hinweisschilder von Wyong sind dagegen nicht
       unbedingt als Vertrauensbeweis in die Spielerinnen zu lesen.
       
       Vielmehr fühlt man sich an ein Klima der Kontrollsucht erinnert, das
       beispielsweise zeitgleich beim späteren Weltmeister Spanien vorherrschte.
       Dort, so wurde berichtet, untersagte Trainer Jorge Vilda den Spielerinnen,
       vor seinem Kontrollgang ihre Zimmer abzuschließen.
       
       Kurios mutet jetzt auch der Zeitpunkt der Ausstrahlung der Doku-Folgen kurz
       vor dem entscheidenden Spiel gegen Dänemark an, bei dem die
       Olympiaqualifikation des deutschen Teams auf dem Spiel steht.
       Nationalspielerin Svenja Huth wollte sich deshalb nicht länger mit
       Journalistenfragen nach der Doku befassen. Man schiebe das aktuell auf die
       Seite, erklärte sie.
       
       Die TV-Verträge sind zwar schon vor vielen Monaten abgeschlossen worden,
       aber das Timing des DFB wirkt bei der Bewältigung der Krise des
       Frauennationalteams weiter höchst unglücklich. Dazu gehört auch die immer
       noch ungelöste Frage, wer das Team auf längere Sicht denn wieder zu
       Erfolgen führen soll und ob Horst Hrubesch bei einer möglichen
       Olympiaqualifikation beim Turnier überhaupt noch an der Seitenlinie steht.
       
       Die Doku „Born for this“, die nach dem knapp verlorenen EM-Finale gegen
       England viele beim DFB vermutlich als eine Erfolgsserie mit großem
       Potenzial betrachteten, ist mittlerweile ein eindrücklicher Report des
       Scheiterns.
       
       30 Nov 2023
       
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