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       # taz.de -- Kritik am Polizeigesetz: Opposition hat da ein paar Fragen
       
       > Die Debatte um ein schärferes Polizeigesetz ist entbrannt: Grüne bringen
       > Fragenkatalog in den Innenausschuss am Montag ein.
       
   IMG Bild: Laut verschärftem Polizeigesetz könnten Taser bald im Einsatz sein
       
       Berlin taz | I Anfang Oktober einigte sich die schwarz-rote Koalition auf
       einen Entwurf für ein schärferes Polizeigesetz. Ein verstärkter Einsatz von
       Bodycams, Taser und längere Präventivgewahrsam sollen eingeführt werden.
       Der Gesetzentwurf zum [1][Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG)] soll
       demnächst im Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Nach den jüngsten
       rechtsextremen Ereignissen bei der Berliner Polizei legte Vasili Franco,
       innenpolitischer Sprecher der Grünen, nun einen umfangreichen Katalog mit
       85 Fragen für die Sitzung des Innenausschusses des Abgeordnetenhauses am
       Montag vor.
       
       [2][300 unbearbeitete Strafanzeigen] in Sachen rechter Kriminalität
       innerhalb der Polizeireihen wurden über Jahre nicht verfolgt. „Leider reiht
       sich dieser Skandal in eine Serie von Vorfällen, die insbesondere bei
       Betroffenen rechter Straftaten Misstrauen in den Staat und seine Strukturen
       schüren“, sagt Ario Mirzaie, Sprecher der Grünen für Strategien gegen
       Rechts. Dieser Vorfall, erst kürzlich publik geworden, habe einen
       „umfassenden Änderungsbedarf offenbart“, so Franco.
       
       Auch gibt es mehr Fragen zum Gesetzentwurf als Antworten: „Es droht ein
       schlecht gemachtes Gesetz, das unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe
       beinhaltet und Rechtsunsicherheit auf die Polizist:innen in ihren
       Einsätzen überträgt. Wir haben einen umfassenden Fragenkatalog mit 85
       Fragen an die Innenverwaltung eingereicht und erwarten, dass die geäußerte
       Kritik der Sachverständigen berücksichtigt und eingearbeitet wird“, sagt
       Franco.
       
       ## 300 unbearbeitete Strafanzeigen
       
       Laut dem Entwurf des [3][verschärften Polizeigesetzes] soll es
       Polizist:innen erlaubt werden, bei bestimmten Einsätzen mit Bodycams an
       ihren Uniformen das Geschehen zu filmen, wenn die Gefahr vor Eskalation
       besteht. Gefilmt werden soll auch im Streifenwagen oder in Wohnungen. Beim
       Präventivgewahrsam, damit ist das vorsorgliche Einsperren mutmaßlicher
       Straftäter:innen in bestimmten Fällen gemeint, soll die Höchstdauer von
       zwei auf fünf Tage verlängert werden.
       
       [4][Außerdem sollen Elektroschockpistolen] (auch Taser genannt) genutzt
       werden dürfen. Es gab bereits Testphasen, dennoch warnen Experten: Auch
       wenn es sich anscheinend um kleine Stromimpulse handelt, könnte die
       Benutzung von Taser in den meisten Fällen tödlich enden – hier braucht es
       präzisere Regeln, sagt Hartmut Aden, Professor an der Hochschule für
       Wirtschaft und Recht, gegenüber dem RBB.
       
       Der Fragenkatalog der Grünen fokussiert sich vor allem auf den Einsatz der
       Bodycams und der Elektroschockpistolen. Die Menschenrechte könnten durch
       diese Maßnahmen verletzt werden. Es bestünden auch verfassungsrechtliche
       Bedenken, die nicht einfach so von CDU und SPD übergangen werden dürften,
       kritisierte Franco: „Unter dem Vorwand der Eilbedürftigkeit versucht die
       schwarz-rote Koalition eine Verschärfung des Berliner Polizeigesetzes auf
       den Weg zu bringen.“
       
       ## Grünen haben 85 Fragen
       
       Wie es nun aber zu den 300 unbearbeiteten Strafanzeigen kam? Die Antworten
       lassen auf sich warten. Klar ist jedoch, dass sich „dieses staatliche
       Versagen bei der Verfolgung rechter Straftaten nicht wiederholen darf“,
       sagt Mirzaie gegenüber der taz.
       
       Die Fraktion der Grünen wird die Vorkommnisse beim Staatsschutz am Montag
       auf die Tagesordnung des Innenausschusses heben und die jüngsten
       Vorkommnisse beim Staatsschutz thematisieren: „Die verfassungsrechtlichen
       Bedenken können nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Es wäre kein gutes
       Zeichen für den Rechtsstaat, wenn CDU und SPD die substanzielle Kritik der
       Wissenschaftler und der Datenschutzbeauftragten übergehen“, sagt Franco.
       „Ein Gesetz, das Gefahr läuft, vom Verfassungsgericht wieder kassiert zu
       werden, schafft keine Sicherheit.“
       
       26 Nov 2023
       
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