# taz.de -- Freispruch für Klimaaktivist in Schweden: Begründete Klebeaktion
> Ein schwedisches Gericht spricht einen Klimaaktivisten frei, der eine
> Straße blockiert hatte. Begründung: Er habe aus „akuter Klimanotlage“
> gehandelt.
IMG Bild: Aktivist:innen blockieren Straßen, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen: Hier in Berlin
Stockholm taz | Rechtsanwältin Pia Björstrand nennt das Urteil „historisch“
und „extrem erfreulich“: Ihr Mandant Noa Tucker hatte zusammen mit rund 70
anderen AktivistInnen von Extinction Rebellion im August 2022 in der
Rushhour den Verkehr auf der Kungsgatan in Stockholms Innenstadt blockiert.
Sie klebten sich auf dem Asphalt fest, ketteten sich aneinander und
weigerten sich, den Anordnungen der Polizei zu folgen.
Nun urteilte das Amtsgericht Stockholm, Tucker habe damit „Widerstand gegen
die Staatsgewalt“ begangen, müsse aber trotzdem straffrei bleiben, denn er
habe aus einer Notlage heraus gehandelt.
Der 41-Jährige sei aus der Absicht heraus aktiv geworden, eine Gefahr von
der Gesellschaft abzuwenden: die [1][Bedrohung durch die bereits sichtbaren
Folgen der Klimaveränderungen], heißt es in der Urteilsbegründung: „Noa
Tucker hat gehandelt, weil ein wichtiges, durch die Rechtsordnung
geschütztes Interesse einer Gefahr ausgesetzt ist und er seine Tat mit dem
Ziel begangen hat, diese Gefahr zu beseitigen.“ Die [2][Wissenschaft sei
sich „über die Ursachen der Klimakrise weitgehend einig]“. Trotzdem hätten
„weder die Vorgängerregierung noch die jetzige ausreichende Maßnahmen
dagegen ergriffen“.
Das Urteil [3][widerspricht der bisherigen höchstrichterlichen
Rechtsprechung in Schweden]. Sollte die [4][Staatsanwaltschaft Berufung
einlegen – was sie noch nicht entschieden hat] –, könnte es deshalb wieder
aufgehoben werden. Damit müsse man rechnen, meint Anwältin Björstrand.
Trotzdem sei der Richterspruch wichtig, „weil wir zum ersten Mal in der
Geschichte Schwedens ein Urteil haben, in dem tatsächlich festgestellt
wird, dass wir uns in einer akuten Klimanotlage befinden“.
Tucker hatte in der mündlichen Verhandlung argumentiert, dass sich alle
Vorhersagen zu den Auswirkungen der Erderhitzung bestätigen, Daraus ergebe
sich die Pflicht, alles Mögliche zu tun. [5][Ziviler Ungehorsam sei das
letzte Mittel, um in der öffentlichen Meinung gehört] zu werden und die
Politik zum Handeln zu bewegen. Das Urteil bezeichnet er als „ein Licht in
der Dunkelheit“. Er verstehe es als Zeichen dafür, dass bei den Gerichten
ein Umdenken begonnen hat, „ein Umdenken, das ja auch unvermeidlich ist“.
26 Nov 2023
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DIR [4] https://www.aklagare.se/nyheter-press/pressmeddelanden/2023/november/kommentar-till-dom-om-ohorsamhet-mot-ordningsmakten/
DIR [5] /Aktivistinnen-im-Aufmerksamkeitstief/!5957023
## AUTOREN
DIR Reinhard Wolff
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