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       # taz.de -- Krieg in Nahost: Gaza-Stadt in Händen Israels
       
       > Nach israelischen Angaben hat die Armee Regierungsgebäude im Gazastreifen
       > übernommen. Die Lage in den Kliniken bleibt prekär.
       
   IMG Bild: Armeesprecher Hagari zeigt ein mutmaßliches Waffenlager im Keller eines Kinderkrankenhauses
       
       Berlin taz | Israel hat weite Teile Gaza-Stadts erobert. Hinweise, dass
       sich eine Kapitulation der im Gazastreifen herrschenden Hamas abzeichnet,
       gibt es bislang jedoch nicht, auch wenn Israel angibt, die Terrorgruppe
       habe „die Kontrolle in Gaza“ verloren. Nach israelischen Angaben hat die
       Armee mehrere Regierungsgebäude und das Polizei-Hauptquartier in Gaza-Stadt
       übernommen. Unter anderem gelangte am Dienstag ein Foto an die
       Öffentlichkeit, das zeigt, wie Soldaten im Polizei-Hauptquartier mit einer
       israelischen Flagge posieren. Am Vorabend kursierte in den sozialen
       Netzwerken ein Foto von schwer bewaffneten israelischen Soldaten im
       Parlamentsgebäude der Stadt.
       
       Mitten in der Kampfzone liegen mehrere Krankenhäuser, die entweder außer
       Betrieb sind oder in denen die Lage seit Tagen katastrophal ist. Die
       Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte am Dienstag mit, dass die
       wichtigste Klinik in Gaza, das Al-Schifa-Krankenhaus, weiterhin in Betrieb
       sei. „Für uns ist es wegen des heroischen Einsatzes des verbleibenden
       Personals ein funktionierendes Krankenhaus“, sagte Sprecherin Margaret
       Harris in Genf.
       
       Gazas Krankenhäuser sind in dreifacher Hinsicht zentral: Zum einen haben
       Tausende Zivilist*innen dort Zuflucht gesucht, im Glauben, dass die
       Krankenhäuser nicht angegriffen werden. In Al-Schifa etwa befinden sich
       [1][laut UN-Nothilfeorganisation Ocha] noch 1.500 Schutzsuchende. Zum
       anderen harren weiter Patient*innen und Personal in den Krankenhäusern
       aus, in Al-Schifa 600 bis 650 Patient*innen zusätzlich zu mehreren
       hundert Bediensteten. Und schließlich wirft Israel der Hamas vor, die
       Krankenhäuser militärisch zu nutzen.
       
       ## „Krankenhäuser als Kriegsinstrument“
       
       Seit Tagen veröffentlicht die israelische Armee Material, das beweisen
       soll, dass die Hamas die Einrichtungen als eine Art Schutzschilde vor
       Angriffen missbraucht. Armeesprecher Daniel Hagari, der aktuell selbst in
       Gaza-Stadt ist, präsentierte Aufnahmen, die ein Waffenlager der Hamas
       zeigen sollen, das im Keller des Kinderkrankenhauses Al-Rantisi gefunden
       worden sei. „Die Hamas benutzt Krankenhäuser als Kriegsinstrument“, sagte
       er.
       
       In einem anderen Video werden unter anderem eine Babyflasche, eine Toilette
       und ein Seil gezeigt, die darauf hinweisen sollen, dass in dem Keller
       Geiseln festgehalten wurden. Als „völlig bizarr“ [2][bezeichnete] dies der
       Analyst Charles Lister, Direktor des Terrorismus- und Extremismus-Programms
       am Middle East Institute in Washington, USA. Unabhängig überprüfen lassen
       sich die Angaben von vor Ort derzeit nicht.
       
       Feststeht, dass sich die Lage in den Krankenhäusern immer weiter zuspitzt.
       In Al-Schifa seien aufgrund der Umstände innerhalb von 24 Stunden zwanzig
       Patient*innen gestorben, sagte WHO-Sprecherin Harris, „wir betteln um
       eine Feuerpause“. Die Hamas nutzte derweil Neugeborene in dem Krankenhaus
       für eigene Zwecke aus und veröffentlichte Fotos von mehreren Babys, die
       offenbar in Gefahr schwebten. Mehrere Frühchen sind laut dem von der Hamas
       geführten Gesundheitsministerium bereits gestorben. Israel kündigte als
       Reaktion am Dienstag an, 37 Brutkästen nach Gaza zu liefern. Unklar blieb
       allerdings der Sinn dahinter, da die in den Häusern bereits vorhandenen
       Brutkästen wegen Strommangels ausgefallen sein sollen.
       
       Während die Zahl der Toten auf palästinensischer Seite über 11.000 liegen
       soll, kostet die Bodenoffensive auch auf israelischer Seite immer mehr
       Leben. Die Armee teilte am Dienstag mit, dass 46 Soldat*innen bei
       Kämpfen getötet worden seien. Auch der Beschuss aus Gaza auf Israel geht –
       mit verminderter Intensität – weiter. Am Dienstag sollen zwei Menschen in
       Aschkelon durch eine Rakete verletzt worden sein. Im Westjordanland sollen
       bei der Zerstörung eines Sprengstofflabors durch die israelische Armee
       sieben Palästinenser getötet worden sein.
       
       14 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ochaopt.org/content/hostilities-gaza-strip-and-israel-flash-update-38
   DIR [2] https://twitter.com/Charles_Lister/status/1724178563761320288
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
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